Ich hab sone Art Sehbehinderung, die mir das Autofahren sehr erschwert. Ich darf fahren, aber für mich ist es alles sehr viel schwieriger, Abstände, Geschwindigkeiten, Höhen usw. einzuschätzen. In der Fahrschule war ich daher die totale Lachnummer, was andere mit links konnten, klappte bei mir nicht, alle Anweisungen, die der Fahrlehrer gab, funktionierten bei anderen, aber mir nützten diese Tricks nicht. Es kam immer öfter zum Streit, er hat sich über mich lustig gemacht....
Dazu kam, dass ich als Kind mal einen Verkehrsunfall verursacht habe, bei dem jemand verletzt wurde und der danach eine Einschränkung zurückbehalten hat, nicht schlimm, aber eben doch so, dass eine da war. Insofern war da immer die Angst, es könnte wieder so was passieren. Und im Gegensatz zu vielen anderen Ängsten ist eine Angst beim Autofahren eine, die mit realen Gefahren einher geht. Es reicht nicht, sich einfach der Angst zu stellen wie ein Mensch, der Angst auf offenen Plätzen hat und einfach nur da bleiben müsste, nein, beim Autofahren in Panik zu geraten und falsch zu reagieren, kann ein paar Menschen den Tod und/oder schwere Verletzungen eintragen. Die reale Gefahr ist bei vielen Ängsten nicht da und man muss - wenn man sich diesen aussetzt - nichts weiter leisten als das Aushalten. Das ist bei Autofahrangst und bei Prüfungsangst ganz anders. Das ist viiiiel, viiiel schwieriger zu meistern als alle anderen Ängste, weil hier gibts ein echtes Risiko.
Ich hab trotzdem den Führerschein gemacht. Aber danach bin ich zwei Jahre nur noch Beifahrer gewesen.
Dann wollte ich studieren und dafür musste ich Autofahrenkönnen, damit ich in die gewünschte Studienstadt konnte. Mit Öffis war das nicht zu machen wegen der umständlichen Verbindung.
Also hab ich angefangen, habe geübt. Erst mal nur 2 km bis zum nächsten Dorf. Bei der ersten Fahrt nahm ich meine Schwester mit, weil ich nicht mal mehr wusste, wie man fährt und wie man das Auto anlässt.
Danach hab ich mich langsam vorgetastet und bin dann bei Semesterstart soweit gewesen, dass ich unabhängig war. Damals gingen nur harmlose Strecken.
Heute fahr ich, wohin ich will, Großstädte waren lange der große Angstgegner. Ich beobachtete dann den Verkehr von der Straßenbahn aus, wochenlang übte ich das so ein im Kopf. Eines Sonntagmorgens hab ichs dann gepackt und bin in die recht leere Großstadt gefahren. Und seitdem habe ich das noch ein paar Mal mit flauem Gefühl gemacht, seitdem ist es Normalität, dass ich fahre, auch wenn viel los ist. Ich genieße es heute, auf einer mehrspurigen Straße in der Stadt im Feierabendverkehr zu stehen, dreh das Radio auf und singe, weil ich Spaß habe. Endlich Autofahren, ohne Angst zu haben!
Parken kann ich immer noch nicht richtig wegen dem schlechten Sehen, aber ich fahr ins Parkhaus und gut ist. Man kann nicht alles haben, es kostet etwas mehr Geld, aber dafür hab ich keinen Stress.
Im Ausland fahren trau ich mich noch nicht, kommt aber auch noch irgendwann.
Es ist halt die Frage, ob es einem wichtig genug ist. Ich werde mir mein Leben nicht von der Angst wegnehmen und zerstören lassen. Das hab ich mir damals beim Beginn des Studiums geschworen und habe es dann auch so gehalten. Ich lass mich doch nicht von meinen Angstzentren mobben, das wäre ja noch schöner. Solange noch eine Zelle in meinem Körper sich wehren kann, werde ich der Angst den Kampf ansagen und machen, bis die sich verkrümmelt hat. Es ist hart, ja! ABER ICH BIN HÄRTER!
Nur Mut!
13.06.2012 08:00 •
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