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Hallo hallo,

nachdem mir hier schon sehr geholfen wurde, möchte ich Euch sehr gerne noch eine andere Frage stellen.

Ich habe festgestellt, dass ich eine Baustelle habe, die mir Schwierigkeiten bereitet: Ich suche bei bestimmten Themen sehr stark nach einer 100%-igen Sicherheit. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn mir die Themen Angst machen, weil sie mich (gefühlt) in meinen Grundfesten erschüttern. Die Erkenntnis klingt einfach und logisch, aber dafür habe ich nun doch viel Zeit gebraucht Das Problem ist nämlich, wie ich damit umgehe: Wenn mir etwas Angst macht, dann möchte ich ausschließen, dass diese Angst begründet ist. Das sieht dann wie folgt aus:

Situation A macht mir Angst. Nun will ich alles ausschließen, was mich daran erinnern könnte oder sogar bestätigen könnte, dass A begründet ist. D.h. ich versuche alles, was mit A zu tun hat (Gegenstände etc.), loszuwerden. Zusätzlich mache ich nun etwas sehr Spannendes: Ich suche nun nicht nach Punkten B, die mich darin bestärken würden, dass A gar keine Angst machen muss und ich beruhigt sein könnte. Das reicht mir nicht. Stattdessen fokussiere ich mich auf all das C, was eigentlich bestätigt, dass A zutreffen könnte und versuche nun diese C zu widerlegen. Weil nur die B alleine genügen mir als Beweis nicht. Das wäre zu einfach, weil es könnten ja auch die C zutreffen. D.h. ich habe erst dann meine 100%ge Sicherheit, wenn ich die C widerlegt habe. Und der Schuss geht leider total nach hinten los. Weil es passiert folgendes:

1) Ich fokussiere mich nur auf die Punkte, die mich darin bestätigen, dass ich mir tatsächlich Sorgen machen muss (A könnte ja offenbar wirklich zutreffen)
2) Ich finde immer mehr Punkte, die mich darin bestätigen, d.h. die Angst vergrößert sich
3) Ich kann gar nicht alle C widerlegen, weil das nicht immer geht. D.h. ich kann 100 Punkte für B haben und eines für C, das ich nicht widerlegen kann. Und damit ist für mich klar, dass A zutreffen kann und damit komme ich dann nicht klar.


Diese Problematik trifft vor allem bei den Dingen zu, die stark mit mir und mit sehr starken Moralvorstellungen verbunden sind.

Ein Beispiel:

Angenommen ich werde auf der Straße von jemandem überholt, der mir dabei fast ins Auto fährt. Aus der Situation heraus hupe ich völlig panisch, ggf. vielleicht sogar etwas zu viel, weil ich so unter Adrenalin stehe. Nach der anfänglichen Aufregung kommt dann vielleicht ein Gedanke in der Form: War das überhaupt von mir berechtigt? Und dann könnten folgende Gedanken kommen: Was ist, wenn der mich nun anzeigt, weil er sich zu unrecht behandelt gefühlt hat? Ich fahre aber doch immer vorbildlich und will niemandem etwas Böses (mein Selbstbild, meine Werte). Das passt doch gar nicht zu mir, das will ich nicht sein.

Und mit dem Ende der Kette ist eine Angst geschaffen, was eventuell interpretiert werden könnte. In dem Fall dieses: Ohje, ich bin doch immer nett. Das darf so nicht sein. D.h. ich habe Vorstellungen davon, was ich sein darf und was mir passieren darf. Und mit dem Das darf so nicht sein wird die folgende Maschine bei mir in Gang gesetzt:

Ich suche nun nicht nach Gründen B, die erklären, dass das so niemals eintreten wird, weil er ja schließlich im Unrecht war. Ich suche stattdessen (ggf. auch online) nach Fällen C, die vielleicht genau so etwas schildern. Und wenn ich diese Fälle alle widerlegen kann, ist auch meine Angst unbegründet. Dann habe ich meine 100% Sicherheit, ggf. sagt sogar ein Jurist, dass das so nie eintreten wird. Aber ich finde natürlich genau das Gegenteil: Ich finde durchaus vielleicht Freunde, Bekannte, Internetartikel etc. (ggf. auch meine eigenen Schlussfolgerungen), die darlegen: Naja, mit einem gewissen Prozentsatz könnte man das schon so interpretieren. Die Reaktion war übertrieben, d.h. man könnte das auch so auslegen, ist ja auch immer eine Frage der Sichtweise. Und damit schießt bei mir die Angst erst Recht in die Höhe. Denn einige sagen ja, das könnte tatsächlich so passieren.

Und aus dem Karussell komme ich nicht mehr raus. Ich suche jetzt immer weiter und frage Freunde und Bekannte. Am liebsten würde ich direkt zu einem Anwalt fahren, der mir bestätigt, dass das so nie passieren wird.

Und solche Beispiele habe ich noch einige.

Was ich möchte: Ich möchte nicht den Fokus auf die C sondern auf die B legen. Ich möchte nicht überlegen, was meine Angst noch weiter begründet und das versuchen zu widerlegen, sondern ich möchte versuchen, den Fokus auf das zu lenken, was eigentlich dafür spricht, dass das nicht der Fall sein wird.

Ich habe nur leider keine Idee, wie ich da ran gehen könnte. Denn das ist ja ein Automatismus bei mir. Ich sehe die B ja gar nicht, ich sehe fast nur die C. Das Angstgefühl bleibt auch solange bis ich alle C widerlegt habe.


Habt Ihr eine Idee, was ich hier machen könnte?

Ich würde mich sehr über Ideen von Euch freuen Danke schonmal im Voraus!

Tex

25.12.2021 16:48 • 05.01.2022 #1


37 Antworten ↓


Du machst den Fehler, dich in der Symptomatik zu verlieren. Mach dir lieber Gedanken, warum dir Unbill widerfahren sollte, nur, weil du dich mal bemerkbar machst.

Ständig nett sein wollen und anderen gefallen ist sehr anstrengend und reiner Stress, da man die Auseinandersetzung scheut. Also, denke lieber darüber nach, warum du so reagierst und nicht darüber, was evtl. sein könnte, wenn du mal reagierst.

A


Die Suche nach Sicherheit - Denkansatz ändern

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Hallo Icefalki,

danke Dir für Deine schnelle Antwort, freut mich total! Hm, in dem Fall verstehe ich das. Ich habe aber auch andere Situationen schon gehabt, die in die gleiche Richtung gehen. Beispiel: Ich habe mal ein wichtiges Formular ausgefüllt und da ist beim Ausfüllen ein Fehler passiert. Da ging es um die Staatsbürgerschaft eines Bekannten. Es hat dann alles funktioniert, aber ich hatte immer die Sorge: Was ist, wenn in 5 Jahren auffällt, dass hier etwas nicht korrekt ist? Kann das dann annulliert werden?

Anstatt mir nun zu sagen, dass schon alles gut ist, habe ich ewig im Internet gelesen, welche Konsequenzen es hätte, wenn das nun wirklich falsch war und ob das dann für den Bekannten ein Problem sein wird. Also dass es im Nachhinein eventuell erst auffällt. Ich habe also nach allen möglichen Fällen im Internet geschaut und wollte herauskriegen, ob das wirklich ein Problem sein kann bzw. widerlegen, dass es ein Problem sein kann. Stattdessen habe ich aber nur Fälle gefunden, nach denen das theoretisch schon ein Problem sein könnte. Hängt wohl davon ab, wie der Beamte das einschätzt. Ich war kurz davor beim Amt anzurufen und zu fragen, ob Ihnen der Fehler aufgefallen sei und ob damit alles OK sei. Dann hätte ich alle Pferde scheu gemacht, aber ich wollte einfach widerlegen, dass es wirklich ein Problem sein könnte (C). Wie gesagt, der Bescheid kam dann, d.h. es war wohl alles OK, aber ich wusste nie, ob das eventuell dann in 5 Jahren auffällt. Das hat mich fertig gemacht.

Ich bin mir nicht sicher, ob das dann auch das Symptom ist? Andere sind da viel entspannter :-/

Viele Grüße

Tex

Hey Sinnsucher,

das klingt alles sehr anstrengend - puh. Du solltest dich einfach nicht auf dein Schemata einlassen und es verwerfen, weil es dir ja nicht weiterhilft. Du willst die Spirale beenden? Also stoppe sie sofort.

Schau dir nur die guten Seiten an, statt Energie aufs Schlechte zu vergeuden. Sonst gibts auch die selbst erfüllende Prophezeihung.

Mir hilft oft der Spruch, wenn ich was befürchte:

Wer durch Argwohns Brille schaut, sieht selbst Maden im Sauerkraut

Alles Gute

Hallo Salzarina,

vielen Dank für Deine Antwort. Das verstehe ich. Nur ist es bei mir so gestrickt, dass ich anscheinend so viel Angst habe, dass das negative wahr werden könnte, dass ich es ausschließen muss.

Hast Du einen Tipp wie ich das positive betrachten kann?

Viele Grüße

Tex

Lerne mit deinen Ängsten umzugehen. Grübeln bringt nicht voran und ist unnötig. Deine Gedanken haben dich im Griff. Du kannst lernen wieder Herr über deine Gedanken zu werden. Durch Sorgen, die in der Zukunft liegen und diese noch nicht eingetroffen sind, verlierst du dich in deinen Gedanken, was passieren könnte und somit den eigentlichen Moment deines Lebens, im hier und jetzt zu sein. Was anderes gibt es nicht. Das kann man trainieren.

Zitat von Sinnsucher:
ein Fehler


Ich bleibe dabei, deine wirkliche Angst ist, dass du Angst davor hast, dass dich andere negativ bewerten, oder du schuldig gesprochen werden könntest, ohne dass dir in den Sinn kommt, dass bis zum worst case noch hundert weitere Schritte dazwischen liegen.

Aber bei dir ist gespeichert: Nur kein Fehler machen, sonst.........

Gleichzeitig versteckt man sich unbewusst schon mal vorsorglich im Gedankenmodell: Schaut her, bin bereit alle Schuld auf mich zu nehmen, und für jeden Fehler (selbst wenn es keinen gibt), anständig einzutreten.

Passt ins Profil von: Ein guter Mensch sein wollen, der weder negativ auffallen möchte, noch sonst einen Widerspruch zulässt. Der aufgrund von angenommener Schuld wie ein geprügelter Hund durchs Leben schleicht.

Da frage ich mich doch, wer dir das Rückrat so gebrochen hat.

Wenn du deine Denkansätze ändern möchtest, solltest du wissen, was du tatsächlich denkst und was du befürchtest, wenn dein Denken anders werden könnte.

Jetzt dreht sich alles um Vermeiden von Fehlern, vom Schuldigsein, ohne, dass überhaupt ein Grund dafür vorhanden ist. Und hier darfst du mit deinen Überlegungen beginnen: Warum tu ich das überhaupt ?

Hallöle,

danke erstmal IchBins. Ja, tatsächlich haben mich meine Gedanken in solchen Situationen im Griff. Ich weiß nur nicht, wie ich das lernen soll. Ich versuche nun mit Achtsamkeitstraining dagegen zu arbeiten. Aber die Gedanken haben mich ja im Griff, weil ich Angst habe. Die Angst liegt vor allem darin, dass etwas eintritt, das nicht zu meinen Werten passt. Das möchte ich loswerden.

Icefalki, auch Du hast Recht, dass ich irgendwas vermeiden will. Ich glaube aber nicht, dass es nur dieses negative Bewerten ist. Ein anderes Beispiel: Ich hatte nun einmal die Situation, dass ich ordentlich verarscht wurde. Ich habe mich in dieser Situation als Verlierer gefühlt und kam auch damit nicht klar. Nun habe ich ewig nach Gründen gesucht, die mir bestätigt haben, dass ich tatsächlich der Verlierer war und wollte diese widerlegen. Weil ich wollte einfach nicht das Gefühl haben, verarscht worden zu sein. Ich wollte diese Rolle nicht wahrhaben. Und es gab einige Gründe, die eigentlich dafür sprachen, dass ich nicht verarscht wurde und der andere (nachdem das aufgeflogen ist) eigentlich gar nicht gewonnen hat. Aber ich habe immer wieder Punkte gefunden, die ich nicht widerlegen konnte, dass der andere vielleicht doch mich als Verlierer hat dastehen lassen.

Es ist dann so ein mulmiges Gefühl wo ich ein Identitätsproblem bekomme. Da ist etwas passiert, das nicht zu mir passt. Das ist eigentlich der gemeinsame Nenner von allem. Da ist etwas, das nicht zu meinen Werten und Vorstellungen von mir passt. Das möchte ich aus der Welt haben und suche nun nach Gründen, die das möglicherweise belegen, damit ich diese widerlegen kann. Aber es gäbe auch Gründe, die eigentlich dafür sprächen, dass das so nicht ist. Aber ich konzentriere mich genau auf die anderen Punkte, damit ich sie widerlege, weil nur dann bin ich 100% sicher, dass dieses Zeug nicht wahr ist. Weil ich sonst in meiner Identitätskrise stecke.

Und da nehme ich halt in meinem Umfeld Leute wahr, die das viel besser können. Die überlegen sich die Gründe, die gut zu ihrem Bild passen, nehmen diese an und schaffen sich ihre Realität, damit sie gut damit leben können. Ich suche Gründe, die das sogar bestätigen würden und versuche das zu widerlegen, damit ich meine 100% Sicherheit habe. Aber das geht nicht auf.

Ich verstehe, dass das total kompliziert klingt, tut mir echt Leid Ich weiß auch nicht, warum ich das tue...

Grüßle

Tex

Hallo Sinnsucher,
ich finde deinen Namen sehr passend für deine Themen

Ich für meinen Teil mache es so: Alles was ich nicht beeinflussen kann, das versuche ich zu akzeptieren. Was ist ist, was kommt kommt. Irgendwie wurschtel ich mich da durch, irgendwie geht es weiter. Meine Entscheidungen treffe ich dann, wenn es soweit ist, wenn ich weiß, was ist.

Es bringt dir nichts, wenn du dich damit beschäftigst, weil du es eh nicht beeinflussen kannst. Und somit ist es egal ob du dich mit den positiven oder negativen Auswirkungen beschäftigst, die sein könnten, weil es kommt sowieso so wie es kommt. Ob du dich vorher damit beschäftigt hast oder nicht.
Einfach akzeptieren, dass das Leben nicht immer rund läuft.

So und dann gibt es die Sachen, die dich selbst betreffen und du somit Entscheidungen treffen kannst. Im Grunde genommen ist das ganze Leben ständig eine Entscheidung. Das abwiegen des Für und Wider. Was will ich und/oder wie will ich sein.

Ich nehme mal dein Beispiel mit dem Formular.
Beeinflussen kannst du nicht, ob das in 5 Jahren auffliegt oder nicht. Und was das dann für Folgen hätte. Das liegt nicht in deiner Hand. Du kannst nur dann weitere Entscheidungen treffen, wenn das dann soweit wäre.

Was aber in deiner Hand liegt ist die Frage, wie will ich sein? Will ich ehrlich sein und somit vielleicht Staub aufwirbeln oder will ich es auf sich beruhen lassen und mich zu einem späteren Zeitpunkt mich dem stellen, was vielleicht auf mich zukommen kann.

Dann schaust du die zwei Optionen an und denkst über Für und Wider nach.
Wenn ich ehrlich bin, dann kann mir später kein Strick mehr daraus gedreht werden, aber es kann jetzt Auswirkungen haben, die ich nicht einschätzen kann und ich die Lage schlechter mache für meinen Bekannten. Allerdings würde ich mich wohler fühlen, weil ich zu meinem Fehler gestanden bin, denn Ehrlichkeit ist für mich wichtig in meinem Leben. (Ist sie mir generell wichtig oder nur im Freundeskreis?)
Wenn ich es auf sich beruhen lasse, dann könnte es irgendwann auffallen und auch das kann Auswirkungen haben, die ich nicht einschätzen kann. Bis dahin oder sogar immer ist alles in Ordnung, aber ich war halt nicht ehrlich. Komme ich mit meinem Gewissen in dem Fall klar? Kann ich das mit mir vereinbaren? Darf ich auch mal unehrlich, nicht korrekt sein?
In beiden Optionen gibt es Auswirkungen, die du nicht beeinflussen und wahrscheinlich auch nicht abschätzen kannst. Somit geht es hauptsächlich darum, wie kommst du mit dir selbst zurecht, weil du einen Fehler gemacht hast? Wie sehr belastet dich das?
Das sind jetzt mal so die Gedanken, die mir dazu einfallen.
Und dann muss ich schauen, mit welcher Option ich gefühlsmäßig besser zurecht komme. Und dann entscheiden und dazu stehen und es tun oder eben nicht tun. Die Sache somit abschließen und sich wieder um andere Entscheidungen kümmern.

Hallo hereingeschneit,

vielen Dank für Deine Antwort. Das ist tatsächlich ein guter Punkt. Wie will man sein? Das Problem ist, dass ich ehrlich und unbeschwert leben möchte. Gerade dieses unbeschwert ist bei mir ein Riesenthema.

Aber der Aufwand, den ich für dieses unbeschwerte Leben betreibe ist extrem hoch. Ich mache die halbe Welt verrückt verkaufe Gegenstände, die mich belasten etc... Auch wenn ich mich dann gut fühle habe ich den Eindruck, dass das nicht so vernünftig ist. Wie bei Zwangsgedanken: ich fühle mich nach den Handlungen zwar gut, aber der Aufwand ist ziemlich hoch.

Viele Grüße

Tex

Zitat von Sinnsucher:
Angenommen ich werde auf der Straße von jemandem überholt, der mir dabei fast ins Auto fährt. Aus der Situation heraus hupe ich völlig panisch, ggf. vielleicht sogar etwas zu viel, weil ich so unter Adrenalin stehe. Nach der anfänglichen Aufregung kommt dann vielleicht ein Gedanke in der Form: War das überhaupt von mir berechtigt?


Hi Tex + Willkommen im Forum

Kurz Du machst Dir zu viel Gedanken ...zum Beispiel Ja es war berechtigt und Ende - Abhacken / gut sein lassen.
Du hast ja nicht gehubt weil Dir langweilig war oder um den andere zu ärgern. Vielleicht fehlt es Dir auch etwas an Selbstvertrauen ?

Aktion - Reaktion . Ende der Geschichte!
... denk weniger darüber nach was wäre wenn dann oder und überhaupt.....

Wobei ich mir im kleinere Ramen auch manchmal so unnötige Gedankenspiele mache - und ja ich weiss ich sollte das sein lassen.....

Zitat von Sinnsucher:
Aber der Aufwand, den ich für dieses unbeschwerte Leben betreibe ist extrem hoch.

Man kann keinen Aufwand für ein unbeschwertes Leben betreiben. Entweder man ist unbeschwert oder man ist es nicht. Entweder man ist traurig oder nicht. Entweder man hat Angst oder nicht......
Das unbeschwerte Leben sich erschaffen/erarbeiten ist genauso nicht möglich wie sich ein glückliches Leben zu schaffen. Im Gegenteil. Indem man versucht es zu bekommen übersieht man, dass man es bereits hat.

Wenn einen etwas belastet, dann kann man sich schon Gedanken machen, wie man damit umgeht, aber nur weil man die Last beseitigt heißt das nicht automatisch, dass man dann glücklich, zufrieden und unbeschwert ist. Das Leben geht weiter, die Sorgen und Probleme werden nicht ausbleiben.

Es ist ganz normal, dass sich die Gefühle durchwechseln. Es gibt kein schlechtes Gefühl. Wenn sie sich abwechseln, das macht doch das Leben aus.

Nur im Hier und Jetzt kannst du unbeschwert sein. Planung für die Zukunft ist dafür nicht möglich.

Ich habe noch ein Beispiel: Ein Partner von mir hat damals den Kontakt zu seinen Eltern abgebrochen und ich fand das sehr schlimm. Ich hielt das Verhalten bei der Vorgeschichte für sehr egoistisch. Er hatte natürlich seine Gründe.

Füe mich war die Vorstellung ganz schlimm mit einer Person zusammen zu sein, die so egoistisch ist. Daher wollte ich mir deutlich machen, dass es gar nicht so egoistisch ist. Ich konnte das sonst mit meinen Vorstellungen nicht vereinbaren.

Nun habe ich alles von ihm gesehen, das den Hauch von Egoismus hatte und wollte das sofort versuchen zu widerlegen. Dss ging aber nicht, weil man konnte die Dinge die passiert sind schon auch so interpretieren. Die Punkte, die nicht egoistisch waren, habe ich nicht so in den Fokus gerückt. Ich war so besessen von der Sorge dass er ein echter Egoist sei, dass ich ihn damit echt beansprucht hatte. Denn er war ja nun immer auf dem Prüfstand.

Ich weiß nun nicht, ob ich den Nicht-Egoismus nicht sehen konnte oder er egoistisch war und ich es nur versuchen wollte mir schön zu reden.

Naja Ergebnis war, dass es immer schwieriger wurde und ich diesen Gedanken des Egoismus kaum noch aus dem Kopf bekommen habe.

Ich hätte nun sagen können: Ich sehe es nun mal als Egoismus, komme damit nicht klar also beende ich die Beziehung. Aber das wollte ich natürlich nicht einfach so wegen etwas, das mit mir ja nichts zu tun hatte. Das war das merkwürdige. Er war ja nicht egoistisch mir gegenüber sondern es war ja nur eine Interpretation eines Verhaltens, aber diese Interpretation wollte ich nicht bei mir haben. Daher habe ich es ewig versucht wegzudenken.

Gruß

Tex

Danke Euch für Eure Antworten. Das hilft mir sehr und freut mich total, dass Ihr Euch so viel Zeit nehmt!

Ja, vielleicht ist es ein Irrglaube, dem ich hinterherrenne. Ich bin ein unglaublicher Harmoniemensch. Ich komme mit Reibung nicht klar. Wenn jemand in meinem Umfeld schwer krank ist, belastet mich das schon so sehr, dass ich es gerne aus meinem Kopf haben will. Mich hat einmal ein guter Freund belogen. Ich habe ewig damit gehadert, weil ich überlegt habe, wie ich ihm jemals wieder vertrauen kann.

Wie gehe ich dann mit sowas um? Ich wollte einfach sichergehen, dass ich weiterhin ein Vertrauensverhältnis mit ihm haben kann. Aber es war total schwer. Er hatte seine Gründe, aber auch hier habe ich sein Verhalten als extremen Vertrauensbruch interpretiert. Andere hätten gesagt: Naja, schön wars nicht, aber jeder Mensch lügt auch mal. Für mich war es eine Katastrophe, weil ich ihm blind vertraut habe und dann belügt er mich? Ich habe seitdem versucht, sein Verhalten anders zu interpretieren, dass es ja nicht gegen ich war etc. Es war eine Notlüge. Aber ein Teil in mir hat das so hart verurteilt... und es gab immer eine Interpretation, die mir gesagt hat: Nein, er ist ein Lügner!

Das ist doch doof so So mache ich es mir doch nur unnötig schwer...

Aus dem was Ihr nun geschrieben habt würde ich sagen: Einfach aushalten in solchen Situationen?

Tex

Zitat von Sinnsucher:
Füe mich war die Vorstellung ganz schlimm mit einer Person zusammen zu sein, die so egoistisch ist. Daher wollte ich mir deutlich machen, dass es gar nicht so egoistisch ist. Ich konnte das sonst mit meinen Vorstellungen nicht vereinbaren.

Du setzt dich damit auf die gleiche Stufe und somit bist du egoistisch. Das hast du wahrscheinlich unbewusst gemerkt und deshalb dich dagegen gesträubt.

Warum gleiche Stufe? Dein Partner bewertet das Verhalten seiner Eltern. Er kommt damit nicht klar - Kontaktabbruch.
Du bewertest das Verhalten deines Partners, kommst damit nicht klar - möchtest Kontaktabbruch.

Dein Partner hatte dir etwas voraus. Er konnte Entscheidungen treffen und dazu stehen. Wenn du es als egoistisch empfindest und Egoismus auch noch negativ bewertest, dann ist das deine Sache. Allerdings hast du keine Entscheidung getroffen. Weder hast du seine Entscheidung akzeptiert noch hast du dich deswegen abgewendet. Und somit hat es dich lange beschäftigt.

Im Übrigen bin ich der Meinung dass ein gesunder Egoismus lebensnotwendig ist. An erster Stelle sollte man selbst kommen und dann im Rahmen meiner Möglichkeiten die anderen. So ist man die größte Hilfe.


Zitat von Sinnsucher:
Einfach aushalten in solchen Situationen?

Aushalten ist nie gut. Aushalten beinhaltet Unzufriedenheit.
Bei deinem Beispiel mit dem Lügen, da wäre mein Verhältnis zu dem anderen ein anderes als zuvor. Je nachdem wie bewusst es dem anderen war, wie wichtig mir Ehrlichkeit ist, um welches Thema es ging.... je nachdem würde ich dann meine Entscheidung treffen. Kann ich ihm verzeihen und versuche ihm erneut zu vertrauen oder war der Vertrauensbruch zu groß und ich gehe auf Abstand. Natürlich mit dem entsprechendem Gespräch, also Erklärung für den anderen.

Hallo hereingeschneit,

beim Lesen Deiner Antwort ist mir eine Idee gekommen. Vielleicht bin ich zu streng zu mir selbst und deswegen auch so streng zu den anderen?

Da ich leider eine gewisse Zwangshistorie habe ist glaube ich Aushalten manchmal schon wichtig. Ich bin bei Dir, dass es zu Unzufriedenheit führen kann, aber auf der anderen Seite ist es manchmal nicht anders möglich. Ich habe auch manch andere Sachen nur heute noch, weil ich dem inneren Zwang widerstehen konnte, an dem Zustand was zu ändern. Dann wurde es mit der Zeit wieder besser.

Ich glaube ich bin auch nicht gut im Vergeben wenn es so essenzielle Dinge sind. Ich bin da irgendwie komisch gepolt. Ich bin ein suuuuper toleranter Mensch. Aber es gibt offenbar so ein paar Grundbasics, da habe ich null Toleranz. Und das ist schwierig. Da macht einer in meinem Umfeld einen Fehler, der genau darauf einzahlt, dann bin ich da extrem hart. Und ich habe schon überlegt, ob das daran liegt, dass ich eben genau dort auch zu mir zu streng bin.

Ich war schon immer sehr streng zu mir selbst, vielleicht ist das der Grund? Ich habe mal gelesen, dann Zwangspersonen sowieso manchmal sehr harte Moralvorstellungen haben.

Dann wäre ja die Frage: Wie kann ich das lernen?

Dankeeeeee!

Tex

Zitat von Sinnsucher:
Dann wäre ja die Frage: Wie kann ich das lernen?

Lies mal das Buch "Jetzt!" von Eckhart Tolle, es könnte dir die richtige Antwort geben. Eigentlich ist es ganz einfach - und dann doch so schwer. Das heißt: wir machen es uns so schwer.
Liebe Grüße
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Lieber Sinnsucher,

hab noch was: wenn es akut wird mit einer Gedankenspirale, solltest du aus dem Kopf herausgehen und etwas praktisches machen. Vielleicht etwas mit Bewegung, was ich ins Hier und Jetzt holt. Kann auch eine Körper/Atemübung sein, oder z. B. in den Wald gehen und hier den Alltag draußen lassen und ganz bewusst deine Sinne auf die Natur und den Wald lenken. Was hörst du im Wald? Gehe mal nur jew. 3 Schritte (mit geschlossenen Augen), bleibe stehen, was siehst/hörst/fühlst/riechst du hier? Shinrin Yoku (Waldbaden)...
LG

Ich kenne es gewissermaßen sein eigener Staatsanwalt und sein eigener Verteidiger zu sein, mir persönlich hilft die sog. Achtsamkeit überhaupt nicht.
Für mich gibt es eine andere Möglichkeit die sich aber nicht dafür eignet, hier festgehalten zu werden.

Ich würde versuchen, B. zu stärken, ihn zu visualisieren, ihn mir konkret als einen Mann vorzustellen der mitten im Leben steht, der leicht ungeduldig sagt, er habe sich das alles angehört, C. sei der görßte Schwachkopf.

Ich glaube, wir haben uns früher schon einmal über ein ähnliches Problem unterhalten.

Zitat von Sinnsucher:
Da ich leider eine gewisse Zwangshistorie habe ist glaube ich Aushalten manchmal schon wichtig. Ich bin bei Dir, dass es zu Unzufriedenheit führen kann, aber auf der anderen Seite ist es manchmal nicht anders möglich.

Ich glaube, dass es einen Unterschied zwischen einem Aushalten gibt, aufgrund einer bewussten Entscheidung und einem Aushalten, weil man sich nicht entscheiden will.

Bei der bewussten Entscheidung will ich es aushalten, weil ich dadurch etwas verändern möchte. Weil ich die Hoffnung habe, dass es dadurch besser wird. Es ist sozusagen ein Test, wie es mir mit dieser Entscheidung geht und wie sie sich auf mich und mein Umfeld auswirkt und wie ich dann damit zurecht komme. Je nach Ergebnis entscheidet man dann, ob man es weiterhin aushält oder eine andere Möglichkeit sucht.....


Zitat von Sinnsucher:
Füe mich war die Vorstellung ganz schlimm mit einer Person zusammen zu sein, die so egoistisch ist. Daher wollte ich mir deutlich machen, dass es gar nicht so egoistisch ist. Ich konnte das sonst mit meinen Vorstellungen nicht vereinbaren.

Dein Gefühl sagte dir, dass du mit der Person nichts zu tun haben möchtest. Dein Verstand sagte dir, dass du kein Recht dazu hast, ihn deshalb so zu verurteilen, oder irgendwas, was halt gegensätzlich zu deinem Gefühl war/ist.

Somit müssen wir uns immer zwischen Gefühl und Verstand entscheiden. Wenn man sich aber nicht entscheiden möchte, dann hält man es aus und sucht Gründe für dies und das. Man pendelt ständig hin und her und bleibt aber deshalb irgendwie in einer Schleife hängen. Es entwickelt sich nichts in eine Richtung und somit können wir nichts daraus lernen und feststellen, ob die Entscheidung für uns gut oder schlecht war, wobei ich die Entscheidung an sich nicht bewerte, sondern die Feststellung nur mache um mich für das weitere Vorgehen zu entscheiden.

Du hättest anstatt ihn als egoistisch abzustempeln versuchen können ihn zu verstehen. Warum hat er den Kontakt abgebrochen? Welche Gefühle löst das Verhalten seiner Eltern bei ihm aus, vor was will er sich schützen.....
Und dann hättest du wieder entscheiden können, ob du ihn verstehen und somit annehmen kannst oder ob du seine Entscheidung zu hart findest und du doch lieber Abstand nimmst.

Wenn ich jetzt so überlege, dann hast du schon versucht dir Gedanken zu machen um für dich eine Entscheidung zu finden, aber du machst das irgendwie mithilfe deiner Bewertungen und um irgendwelche Beweise dafür zu finden.
Ich arbeite mehr über das Verständnis. Zuerst versuche ich zu verstehen und dann schaue ich, komme ich gefühlsmäßig damit zurecht. Kann ich das akzeptieren oder nicht.

Ja, der Austausch mit dir bringt mich immer auch Stückchen selbst weiter

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Dr. Christina Wiesemann
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