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Hallo hallo,

danke Euch mal wieder, total spannend Ich habe dank Euch mittlerweile eine Theorie. Und die ist wie folgt:

Ich habe ein Problem mit dem Aushalten von Emotionen. Seien es Kränkungen, Verletzungen etc. Ich brauche immer viel Harmonie. Was passiert nun: Wenn die Harmonie nicht da ist, weil da ein unangenehmes Gefühl ist, versuche ich das Gefühl loszubekommen. Das ist wie mit meiner Zwangsstörung gewesen. Und da ich bei einigen Dingen nicht handeln kann, grüble ich. D.h. ich versuche meine Harmonie wiederherzustellen. Und daher versuche ich Begründungen zu finden, um das unangenehme Gefühl so zu definieren, dass ich es nicht mehr habe. Und dann denke und denke ich und dadurch wird das Gefühl aber nun immer größer, weil es immer mehr in den Fokus rückt.

Demnach wäre der Ansatz: Gefühle aushalten. So wie Du sagst @hereingeschneit, nicht weil ich keine Entscheidung treffe, das wäre falsch. Sondern ich muss eine Entscheidung treffen und dann das Gefühl damit aushalten. So könnte es vielleicht funktionieren?

Grüßle

Tex

..mit allen Konsequenzen umgehen können, dann klappt es. Eine Übungssache, die nicht von heut auf morgen funktioniert (glaube, hatte dir bereits dazu etwas geschrieben). Das Buch von Tolle, was @Fauda erwähnte ist sehr aufschlussreich, hat mir geholfen, weiter zu kommen (u. a. Freiheit von Gedanken (grübeln))

A


Die Suche nach Sicherheit - Denkansatz ändern

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Zitat von Sinnsucher:
Ich brauche immer viel Harmonie. Was passiert nun: Wenn die Harmonie nicht da ist, weil da ein unangenehmes Gefühl ist, versuche ich das Gefühl loszubekommen.

Ich würde dir wirklich empfehlen aufzuhören Gefühle zu bewerten. Jedes Gefühl hat seinen Sinn und durch die Gefühle kannst du viel über dich selbst lernen. Wenn Harmonie ein Gefühl ist, das du anstrebst, dann kannst du dir durchaus Gedanken machen, wie du das erreichen kannst, aber nicht indem du andere Gefühle verdonnerst, sondern indem du schaust, warum du anders fühlst und wie du wieder Harmonie in dir herstellen kannst.
Ich glaube, dass man da mit Akzeptanz, Verständnis und Toleranz viel erreichen kann. Verzeihen ist auch nicht zu unterschätzen.
Akzeptiere, dass man eben nicht nur Harmonie in sich hat, sondern dass da auch mal Chaos sein kann, das kann man aber ordnen.

Und bei allen Beispielen, die ich jetzt wieder so im Kopf durchgehe komme ich doch wieder zu meiner ersten Aussage: Aushalten ist nicht gut, sie beinhaltet Unzufriedenheit.
Eine Entscheidung treffen und dann daran arbeiten, dass sich die unangenehme Gefühle wieder wandeln.

Beispiele:
Jemand hat Angst beim Einkaufen. Er will sich der Aufgabe stellen und man sagt immer, man muss es nur oft genug machen, dann wird die Angst wieder kleiner. Ich sage aber, dass das nur funktioniert, wenn deine innere Einstellung dazu passt. Also jemand, der den Einkauf nur ganz schnell hinter sich bringt, damit es sich hoffentlich bessert, der wird viel weniger Erfolg haben, wie jemand der sich bewusst der Aufgabe stellt. Ich will wieder einkaufen können. Der den ganzen Prozess bewusst durchläuft, die Angst wahr nimmt, sie akzeptiert und nicht Augen zu und durch, damit es ja schnell wieder vorbei.

Wenn ich deine Möbel hernehmen darf.
Erst entscheiden, will ich die Möbel behalten oder nicht. Wenn du dich für ja entscheidest, dann daran arbeiten, dass sich deine Einstellung zu den Möbeln wieder verändert. Nicht benutzen und denken, irgendwann vergesse ich, sondern gedanklich dir immer wieder bewusst machen, warum du sie behalten hast. Welche positive Gefühle sie in dir wecken können.... Deine Harmonie zu den Möbeln wieder herstellen, weil dein Verstand ja weiß, dass die Möbel nicht gut und nicht schlecht sind, sondern dass du ihnen dieses Manko auferlegt hast.
Ganz bewusst die positiven Gefühle erleben, die du dir mit ihnen ja erhofft hast.

Wenn ich mich wegen eines Menschen unwohl fühle, dann helfen Gespräche. Fragen, zuhören, verstehen, aber auch selbst zu sagen, wie es einem damit geht..... Durch Aushalten der Anwesenheit des anderen, also schweigen, das Thema, die Verletzung zu ignorieren, dann wird es nicht besser werden.
Durch die Gespräche wird sich dann auch zeigen, wie es sich weiter entwickelt. Kann man sich wieder annähern oder entfernt man sich....

Hallöle,

Danke Euch mal wieder! Total spannend Eure Antworten.

@-IchBins-: Ich habe tatsächlich angefangen das Buch zu lesen und mir hat bereits eine Sache geholfen, nämlich: Du bist nicht Deine Gedanken. Also mir ist dadurch schon etwas klarer geworden, dass einiges auch einfach nur Gedanken sind, die aber nicht wahr sein müssen. Es sind diverse Interpretationen etc.

@hereingeschneit: Glaube, Du hast damit den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Reihenfolge ist nämlich so:

1) Es passiert etwas, das in mir Gefühle auslöst
2) Ich bewerte die Gefühle: Unangenehmes Gefühl
3) Ich ziehe die Konsequenz: Das Gefühl muss weg
4) Ich fange an zu grübeln, wie ich das Gefühl wegbekomme. Ich versuche den Umstand umzuinterpretieren, suche Antworten. Hier kommt dann das mit dem B und C etc.
5) Weil ich das Gefühl aber nicht wegbekomme (weil ich es anscheinend nicht akzeptieren kann, nicht verzeihen kann, nicht verstehen kann) bleibt es immer im Kopf und wird durch das Nachdenken sogar immer größer. Als Ergebnis will ich mich dann distanzieren und alles loswerden, was damit zu tun hat. Also breche ich Kontakte ab, schmeiße Sachen weg etc.
6) Das macht mich dann unendlich traurig, weil ich das eigentlich gar nicht will, aber ich finde keine andere Lösung, um das Gefühl loszuwerden.


Konkret zu Deinem Beispiel mit den Möbeln: Ich will sie nicht loswerden, ich mag sie! Ich habe nur halt nun ein unangenehmes Gefühl und das ist doof. Weil ich wollte sie doch so harmonisch und frei von negativem. Genauso mit meinem Bekannten. Ich mag ihn, es wäre ein echter Verlust, wenn ich ihn aufgeben würde. Aber ich habe nun das unangenehme Gefühl. Gar nicht mehr im Alltag, da ist alles fein. Es ist nur das Gefühl Da war mal was, das sitzt nun wie ein störendes etwas im Raum und stört meine perfekte Harmonie. Und das will ich loswerden. Daher wieder Methode B und C, um irgendwie das Vergangene umzudefinieren, damit ich das Gefühl loswerde.

Und das ist tatsächlich der Punkt! Ich will eigentlich nur das unangenehme Gefühl loswerden. Je länger ich darüber nachdenke, umso klarer wird mir das. Es ist der Drang nach Harmonie. Keine störenden Dinge bitte. Ich suche nach einer Lösung, dass ich das unangenehme Gefühl losbekomme. Und da ich es offenbar nicht schaffe, es zu akzeptieren oder zu verstehen oder zu verzeihen, versuche ich einfach alles, was damit zusammenhängt einfach loszuwerden. Daher schmeiße ich dann Sachen weg etc. weil ich dann schon so verzweifelt bin, weil ich alle Denkprozesse hin- und hergeschoben habe. Aber das ärgert mich dann genauso. Dann gebe ich dem anderen nämlich auch noch die Schuld, weil er/sie ist ja Schuld daran, dass ich mich nun von dem anderen trennen muss. Weil das schöne ist kaputt und da ich damit nicht klarkomme, muss ich es loswerden. Das macht mich dann sogar wütend auf die Person, weil wenn das nicht gewesen wäre, wäre ja alles gut. Und das wühlt mich dann noch mehr auf.

Total spannend, ich bin Euch so dankbar! Das ist es irgendwie.

Nun muss ich überlegen, was das genau heißt!

Tex

Servus Tex,

here we go again

Zitat von Sinnsucher:
Was ich möchte: Ich möchte nicht den Fokus auf die C sondern auf die B legen.

Beide sind eigenkreierte Narrative der Zwangsstörung. Mythos und Gegenmythos arbeiten Hand in Hand, bedingen, erhalten und erschaffen sich gegenseitig. Das Ego ist in diesen Irrgärten deswegen so gerne unterwegs, weil das Spiel um Sicherheit und Kontrolle sich tatsächlich stabiler (= bestätigt) fühlt. Die Häufigkeit erhöht die Illusion der Bestätigung.

Zitat von Sinnsucher:
Aber ich konzentriere mich genau auf die anderen Punkte, damit ich sie widerlege, weil nur dann bin ich 100% sicher, dass dieses Zeug nicht wahr ist. Weil ich sonst in meiner Identitätskrise stecke.

Fettdruck von mir. Hier erklärst Du selber meine o. g. These. A erzeugt B und C wird als Erhalter der Dauerschleife miterzeugt. Dieser Kreislauf erschafft letztlich die trügerische Identität - seine Unterbrechung hingegen löst diesen Betrug auf.
Wende Dich von der Identitätssucht ab, indem Du in den Spiegel schaust: was siehst Du?

Zitat von Sinnsucher:
Da ich leider eine gewisse Zwangshistorie habe ist glaube ich Aushalten manchmal schon wichtig.

Dem Zwang ist das Aushalten wichtig, ja.

Zitat von Sinnsucher:
Ich brauche immer viel Harmonie.

Das Märchen der Harmonie ist ebenso unhaltbar wie das miterfundene Gegenteil, die Disharmonie. Das Spannungsverhältnis nährt das Ego. Nur durch den Konflikt der Dualität kann Bewertung, Gefühl usw. und somit letztendlich das Ich-Bewusstsein weiterbestehen.

Das alles ist so alt wie die Menschheit, nur bist Du einen bemerkenswerten Schritt weiter, indem Du Dir immerhin Gedanken darüber machst! Wie schon andernorts erwähnt, geht es letztlich immer um befreiende Einsicht in diese Wechselwirkungen. Von daher sehe ich Dich auf einem guten Weg.

Hallo moo,

Danke Dir mal wieder!

Ich verstehe nur immer noch nicht wie ich den Absprung schaffe. Beispiel: Es passiert etwas das mich sehr stark verletzt. Wie wir ja schon geklärt haben, ist hier das erste Problem meine Bewertung. Aber es tut weh. Das kann ich nicht aus der Welt schaffen.

Es war aber nun bspw. beim Kauf eines Motorrads (du kennst das Beispiel ) und ich will aber dass das Motorrad positiv in Erinnerung bleibt. Aber nun muss ich beim Motorrad immer an das verletzende Ereignis denken und damit ist die Freude getrübt. Bei Kleinigkeiten würde man diese vielleicht wegwerfen. Beim Motorrad ist das heftig.

Nun kommt das Harmoniebedürfnis. Ich will nicht dass das Motorrad mich daran erinnert. Es sollte ja positiv sein. Also versuche ich mit B und C das erlebte umzubauen. Ich denke dadurch aber immer mehr an das verletzende Ereignis.

Ich habe neulich gelernt: Was man bekämpft, bleibt.

Ich weiß dass der Fehler in der Bewertung liegt. Aber das verletzende Ereignis hat weh getan. Wie soll ich das ändern?

Was du zum Zwang sagst ist mal wieder klasse! Aber soll ich B und C dann einfach als Gedanken laufen lassen? Und einfach nicht drauf eingehen?

Danke!

Tex

Vielleicht noch ein Punkt: durch C steigere ich mich da auch immer mehr rein. Ich mache Sachen immer größer.

Angenommen ein guter Freund würde mich verletzen, indem er Geld, das ich ihm geliehen habe, verspielt hat und nicht zurück zahlen kann. Am Anfang wäre ich enttäuscht. Ich will es vielleicht los haben weil sonst irgendwo die Harmonie gestört ist. Weil das vielleicht an meinem Geburtstag war und nun ist der Geburtstag im Eimer. Und weil ich dss los haben will denke ich nun nach.

Und am Ende bin ich nicht nur enttäuscht von ihm. Sondern ich stempel ihn als Dieb ab. Weil über Ecken komme ich dazu, dass das ja eigentlich Diebstahl ist. Dann versuche ich das wegzudenken finde aber eher noch mehr Belege. Und Diebstahl ist häufig Gewalt. Ist er ein Verbrecher?

Usw. Das alles nur weil ich es eigentlich weg haben wollte und dadurch mache ich es groß. Theoretisch darf ich gar nicht erst in den Teufelskreis kommen. Nur was tue ich um nachträglich wieder rauszukommen?

Kompliziert ich weiß

Tex

Ein letzter Punkt für heute: ich mache es ja wie gesagt immer größer. Ich weiß aber gar nicht sicher wieso. Ein Teil in mir sagt weil ich einfach alles potenziell ausschließen will.

Ein Teil in mir fragt sich aber: gibt es noch einen Grund? Will ich es vielleicht groß machen um dem anderen noch mehr Schuld zu geben? Um meine Verletzung zb besser zu begründen? Nur so eine Idee. Vielleicht schwingt da noch was mit.

Ich habe dich gelesen, aber dieser Wunsch nach absoluter Harmonie ist mir völlig fremd, diese würde mir eher Angst machen.

Tex, griasam!

Zitat von Sinnsucher:
Aber soll ich B und C dann einfach als Gedanken laufen lassen? Und einfach nicht drauf eingehen?

Wir sind - im Vergleich zum Motorrad-Beispiel - mit diesem Thema ja eine Stufe näher an der Quelle des Problems, deshalb müssen wir auch in anderen - grundsätzlicheren - Dimensionen betrachten. Diese B C-Geschichte ist lediglich ein von Dir (zwar mustergültig!) anaylsiertes Ablaufsschema. Dieses Schema arbeitet jedoch wieder im selben dualisierenden und dadurch bewertenden Modus. Und bringt deshalb auch keine wirklich Hilfe.

Diese Gedanken einfach laufen zu lassen, ist ungefähr so unmöglich wie einer Ameise, die an der Decke läuft, zu sagen, sie solle einfach loslassen . Deshalb müssen wir uns von B C, und sogar weitestgehend auch von A langsam verabschieden. Wie? Indem wir den Fehler erkennen:

Zitat von Sinnsucher:
Ich weiß dass der Fehler in der Bewertung liegt. Aber das verletzende Ereignis hat weh getan.

Achtung: Dass Du verletzt bist, stellt die Bewertung bereits dar! Da die Bewertung buchstäblich Teil des Egos ist, ist auch eine Gegenbewertung ebenso problematisch. B C sind also Kollegen...

Zitat von Sinnsucher:
Wie soll ich das ändern?

Indem Du es a) mitbekommst und b) durchschaust. Was durchschauen? Dass das Vermeinen (Bewerten) ein Automatismus ist, der eine Ich-und-Welt-Illusion und somit unausweichliches Leiden schafft. Diesen Ablauf wirklich zu verstehen, hebt diesen Automatismus nach und nach auf.

Wie @hereingeschneit oben so schlicht rät: Bewerte Deine Gefühle nicht... Das sagt sich so leicht. Tatsächlich entstehen die Gefühle aus der Bewertung heraus! Es gibt kein Gefühl ohne Bewertung - jede Emotion ist bewertungsgefärbt. Die Gefühle wiederum bestimmen unsere Wahrnehmung, diese unsere geistigen Gestaltungen (Denken, Planen etc.) und dieses ständige Ineinandergreifen das Bewusstsein (Ich bin).

Deshalb bestimmen (ja, schaffen) Bewertungen in gewisser Weise tatsächlich Uns und die Welt. Wenn wir nun daran gehen, diese Bewertungen abzuschaffen, meint das Ego, es selbst sei in Gefahr und schaltet auf Alarm. Das führt idR immer dazu, dass das Ego die Oberhand behält, indem es eine neue, darüber liegende Bewertungshierarchie etabliert, die etwa lautet auf mich (den Bewerter!) kann ich mich letztendlich verlassen. Und genau das ist die große Illusion.

Zitat von Sinnsucher:
Ich verstehe nur immer noch nicht wie ich den Absprung schaffe. Beispiel: Es passiert etwas das mich sehr stark verletzt. Wie wir ja schon geklärt haben, ist hier das erste Problem meine Bewertung. Aber es tut weh. Das kann ich nicht aus der Welt schaffen.


Praxis:

1. Du erkennst, dass Dich etwas verletzt. Das erfordert schon mal eine gehörige Portion Achtsamkeit.

2. Betrachte den Ablauf von a) Sinneseindruck (Vorkommnis), b) Bewertung + Gefühl, c) Wahrnehmung, d) geistige Ableitung und e) Ich-Bildung im Einzelnen:

a) Zerlege das Vorkommnis in seine Bestandteile und untersuche diese wiederum. Erkenne ihre letztendliche Leerheit oder Neutralität. Sie sind grundsätzlich wertfrei (noch unbewertet).

b) es gibt zweierlei Bewertungen: gut und schlecht. Diese beiden Kategorien variieren natürlich in ihrer Qualitätsausprägung. Eine gute Bewertung erzeugt ein entsprechend angenehmes Gefühl, eine schlechte Bewertung ein entsprechend unangenehmes Gefühl.

c) Wir nehmen das Vorkommnis als etwas anzustrebendes oder abzulehnendes wahr.

d) Wir nehmen uns vor, uns dieser Situation gegenüber so oder so zu verhalten. Wir positionieren uns ihr gegenüber und schaffen so ein weiteres Stück unseres

e) Bewusstseins - den, der wir meinen, zu sein.

Im ruhigen, klaren Betrachten dieses Ablaufes sollten wir idealerweise die Abhängigkeit unseres Egos (Selbst-Bildes) erkennen. Abhängig von was? Falsche Frage! Erkenne lediglich die Abhängigkeit oder besser, Bedingtheit. Einen Anfang wirst Du nie finden!

Sowohl Zeit als auch Raum sind Gestaltungen des Egos.

Was bedingt ist, kann man nicht als eigenständiges, stabiles Selbst bestätigen. Diese Tatsache lässt wiederum die Leidhaftigkeit von Ich und Welt erkennen.

Je weiter Du in dieser Einsicht kommst, umso leidfreier wird Dein Erleben. Das ist nämlich das (vermeintliche) Paradox: Je weniger Ich, umso weniger Leid.

Das war jetzt vielleicht etwas spooky für Dich und ich bin mir dieses (vermeintlich) radikalen Ansatzes bewusst, aber wenn Du rein als Arbeitshypothese Dich mal auf diese Praxis einlässt, wirst Du feststellen, dass es im Grunde einer einfachen Wahrheit entspricht und gar nicht so umständlich ist, wie es sich vielleicht hier liest.

Ich würde mich fragen, warum ich so harmoniesüchtig bin, und durch die extreme Sucht nach dieser Harmonie in so einen negativen Zustand komme.

Und letztlich geht alles um das Selbstbewusstsein. Sich selbst bewusst werden würde evtl. auch diese Sucht nach Harmonie erklärbar machen. Und alles, was man wirklich versteht, kann man ändern.

Wir alle müssen Veränderungen in unserer Gedankenwelt vornehmen, da es unsere Gedanken sind, die uns quälen können.

Ich habe mich zur Zeit auch bissle verrannt und mein Therapeut hat grinsend bemerkt: Nun, Frau Icefalki, dann denken sie den Mist eben nicht.

Mit diesem Satz kannst du hier das Forum aufmischen, da man so nen Satz nicht ausrotzen darf und überhaupt und blahblahblah.....

Mir geht es aber seither wieder gut, ich denke den Mist jetzt nimmer. Mach ja schon seit Jahrzehnten Therapie und hab sofort begriffen, was er eigentlich meint.


Und genau dabei geht es. Was steckt hinter all dem Elend, all unseren Gedanken und der Wirkung, die sie auf uns haben. Deswegen ist es wichtig, dass man sich auf veränderte Denkweisen einlassen kann, bis man soweit kommt, sofern mal nötig, dass der richtige Mensch am richtigen Ort einen richtigen Satz sagen kann, der vom anderen sofort verstanden wird.

Und dafür darf man an sich arbeiten. @moo hat es analysiert.

Ich sage immer, frage dich nach dem Warum.

A, B, C, D. Du verstrickst und verirrst dich in Gedanken (Sprache). Damit kannst du nichts lösen. Du kommst nur mit nichtsprachlichen Methoden weiter.

Man kann vieles aus vielen Blickwinkeln sehen. Eine weitere fällt mir gerade ein.

Erwartungen können zu Enttäuschungen führen, genau dann, wenn sie nicht erfüllt werden. Hast du keine Erwartungen, dann wirst du nicht enttäuscht.

Eine sehr große Erwartung die du hast, ist, dass immer Harmonie sein soll. Tja, und sobald deine Erwartung mal missachtet wird wirst du enttäuscht. Das ist erst mal das eine.

Wie du dann mit Enttäuschung umgehst, das ist das andere.

Wenn du also am Ursprung arbeiten willst, dann höre auf zu erwarten.
Erwarte nicht, dass immer Harmonie herrscht. Erwarte nicht, dass ein Freund immer zuverlässig ist, dass er immer Zeit hat, wenn du ihn brauchst, dass er immer die passenden Worte findet, dass du an erster Stelle stehst, dass er ehrlich ist....
Erwarte nicht, dass man Rücksicht auf dich nimmt, erwarte nicht, dass Gegenstände dich glücklich machen, erwarte nicht, dass Harmonie dich glücklich macht......

Genau das sehe ich als den springenden Punkt an.

Hallo alle miteinander,

boah, Ihr seid der Wahnsinn! Das hilft mir gerade enorm.

@hereingeschneit @Icefalki @kritisches_auge: Tatsächlich ist es so, wie ihr sagt: Es sind irgendwie diese Erwartungen, die es erwischt hat. Ich habe bei einigen Punkten die ganz klare Erwartung, dass hier absolute Harmonie herrschen muss. Beispiel wenn ich mir einen Traum erfülle, darf während dessen nichts schief gehen. Der Moment soll perfekt sein. Habe nun das Experiment gemacht und mich gefragt: warum?

Das einzige, was ich bisher rausgefunden habe: Ich bin ein sehr sensibler und emotionaler Mensch. Ich ziehe aus positiven Emotionen sehr viel Energie. Und dieser Traum soll zu 100% positiv besetzt sein, weil ich daraus für den Rest meines Lebens Energie ziehe.

Nun hatte ich einmal die Situation, dass ein Traum mit einem sehr negativen Ereignis verbunden war, in dem mir aus meiner Sicht auch Gewalt angetan wurde. Anscheinend hat sich das bei mir als Trauma niedergeschlagen. Hier ist es aber nun auch so, wie ihr gesagt habt: Das Ereignis war zwar unschön, aber erst meine Bewertung hat es zu einer Gewalt gemacht. Das ist total spannend. Das ist wie mit der Geschichte mit dem Diebstahl, in der ich eigentlich nur jemandem Geld geliehen habe, es am Ende aber als Diebstahl interpretiere. Hier war es ähnlich. Man hat mich schlecht behandelt, man hat mir geschadet (aber unbewusst) aber später habe ich der Sache die Definition Gewalt gegeben und dann war es richtig schlimm. Das hat mir so viel Angst gemacht. Auch die Assoziation zwischen meinem Traum und dem Ereignis wurde durch das Harmoniebedürfnis erst gestärkt. Weil es wurde ein Funke an Assoziation erkannt und den wollte ich weg haben. Dadurch wurde die Assoziation erst richtig geschaffen.

Und genauso ist es wie @moo auch schreibt: Ich habe zwar während der Situation gelitten, aber meine Gefühle danach kamen erst durch die Bewertung. Weil die Situation war vorbei, aber die Bewertung im Nachhinein haben es schlimm gemacht. MIR wurde etwas angetan. Und da finde ich nun eine Sache spannend: Wenn ich es umdrehe, kann es sein, dass ich diese Bewertung vornehme, um bewusst mein Ego zu schaffen? Ich merke nämlich immer wieder, wie schwer es mir fällt, diese Bewertung loszulassen wie Du @moo auch gesagt hast. Ich verliere mein Profil wenn ich es nicht mehr bewerte. Ich muss diese Gewalt verurteilen, das ist mein Profil. Ich kann es nicht gut heißen. Ich kann es nicht nicht bewerten.

Die Assoziation meines Traums mit dem Ereignis ist eigentlich totaler Blödsinn. Das ist wie: Ich kaufe mir ein Haus und stoße mit einem Freund auf den Erfolg an und am Ende stellt sich heraus, dass der Freund etwas für mich sehr schlimmes getan hat. Dann würde ich am liebsten das Haus verkaufen vom Gefühl her, weil ich mit der Person eine Assoziation hergestellt habe.

Oh Leute, das ist so hilfreich gerade, danke Euch!

Tex

Zitat von Sinnsucher:
Oh Leute, das ist so hilfreich gerade, danke Euch!

Und mit dir zu schreiben ist auch eine Bereicherung, weil du jede Antwort ernst nimmst und darüber nachdenkst. Dir das rauspickst, was für dich passt und wieder eine Rückmeldung kommt. Es macht wirklich Spaß dich bei deinen Gedankengängen zu unterstützen.

Du weißt doch sicherlich, dass alles seinen Ausgleich braucht. Jing und Jang, wo Licht ist, gibt es auch Schatten.... Das ist ein Naturgesetz und ist nicht veränderbar. Eines kann ohne den anderen nicht existieren.

Und das ist mit den Gefühlen irgendwie genauso. Es gibt kein Leben im Dauerglück. Das würde wahrscheinlich auch gar niemand aushalten. Extrem positive Gefühle brauchen als Ausgleich extrem negative Gefühle.
Du scheinst extrem das Positive anzustreben und weil es dann als Ausgleich das Gegenteil braucht, finden sich bei dir dann auch extrem negative Gefühle ein.

Die Veränderung könnte sein, dass du dich mit weniger zufrieden gibst. Es muss nicht immer perfekt sein, im Glitzer erstrahlen und leuchten. Es reicht, wenn es einfach ist. Ein Kerzenlicht anstatt die Sonne? So in etwa.

Wenn du also sozusagen gefühlsmäßig den Sommer anstrebst, dann wirst du auch immer den Winter erleben (müssen), Wenn dir aber der Frühling oder Herbst reicht, dann pendelt sich deine Gefühlswelt so nach und nach ein und die Extreme verschwinden.
Oder noch mal anders ausgedrückt: Solange du an der Harmonie festhältst, solange wirst du mit dem Gegenteil konfrontiert. Erst wenn du erkennst, dass auch Kompromisse ein gutes Gefühl geben können, wird sich das wandeln können.

Ich bin für mich selbst auch oft fragend unterwegs und da schrieb ich kürzlich:

Zitat von hereingeschneit:
Vorfreude ist Freude auf etwas in der Zukunft. Man vermutet etwas positives, aber kann nicht ausschließen, dass es wirklich so kommt. Das ist also nicht die reine Freude, sondern da liegt Spannung/Aufregung mit dabei.
Hängen Vorfreude und Angst zusammen?

Kann man deinen Wunsch nach Harmonie vielleicht auch in Richtung Vorfreude einordnen? Du freust dich auf ein Leben in Harmonie und deshalb versuchst du es auch so umzusetzen?
Du erwartest mit Spannung das positive Gefühl, dass du dahinter vermutest? Gleichzeitig weiß aber dein Verstand, dass immer etwas die Harmonie stören kann und deshalb stehst du unter Spannung, dass das so sein könnte und hast Angst davor?

Somit würdest du ja im Dauerstress - unter Spannung leben. Vielleicht ist das auch der Grund, warum es bei dir in die Extreme geht. Du baust die Spannung auf, die Freude auf die Harmonie und das solange wie sie vorhanden ist (anstatt sie einfach nur zu genießen) und sobald die Harmonie gestört wird, ist das dann die Entladung. Wie einen Gummi, den man spannt und dann los lässt. Je nachdem wie sehr er gespannt wurde umso mehr schnellt er zurück.
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Zitat von Sinnsucher:
Ich merke nämlich immer wieder, wie schwer es mir fällt, diese Bewertung loszulassen wie Du auch gesagt hast. Ich verliere mein Profil wenn ich es nicht mehr bewerte. Ich muss diese Gewalt verurteilen, das ist mein Profil. Ich kann es nicht gut heißen. Ich kann es nicht nicht bewerten.

Sehr gut formuliert!

Zitat von Sinnsucher:
Weil die Situation war vorbei, aber die Bewertung im Nachhinein haben es schlimm gemacht. MIR wurde etwas angetan.

Das nennt man auch den zweiten Pfeil...: Der erste Pfeil ist lediglich Schmerz (und dieser hat eigentlich noch gar keinen Namen, weil er nur so ist), doch das Vermeinen ist der zweite (unnötige) Pfeil. Er ist schmerzhafter, weil sich dadurch der Schmerz auf mich bezieht. Ebenso verhält es sich mit (vermeintlich) freudigen Erfahrungen.

Zitat von Sinnsucher:
Und da finde ich nun eine Sache spannend: Wenn ich es umdrehe, kann es sein, dass ich diese Bewertung vornehme, um bewusst mein Ego zu schaffen?

Ego und Bewertung sind zwar zwei verschiedene Aspekte, aber nicht zu trennen. Wie Ober- und Unterseite einer Hand. Die gegenseitige Wechselwirkung ist so komplex miteinander verwoben, dass keine Chronologie oder Rangfolge besteht, auch wenn unser dualisierender Geist das gerne so hätte. Mal bedingt das Ego die Bewertung, mal umgekehrt. Drehe Deine Hand um, dann ist unten plötzlich oben...aber oben und unten sind ebenfalls nicht real, sondern wiederum Bewertungen des Geistes

Du kannst es drehen und wenden, wie Du willst - Alles, buchstäblich Alles ist ursprünglich und letztendlich nur so.

Mach Dich aber nicht verrückt durch derlei Erklärungen. Sie dienen lediglich dazu, die Einsicht (s. o.) zu schärfen.

A


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Dr. Christina Wiesemann
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