Tex, griasam!
Zitat von Sinnsucher: Aber soll ich B und C dann einfach als Gedanken laufen lassen? Und einfach nicht drauf eingehen?
Wir sind - im Vergleich zum Motorrad-Beispiel - mit diesem Thema ja
eine Stufe näher an der Quelle des Problems, deshalb müssen wir auch in anderen -
grundsätzlicheren - Dimensionen betrachten. Diese B C-Geschichte ist lediglich ein von Dir (zwar mustergültig!) anaylsiertes Ablaufs
schema.
Dieses Schema arbeitet jedoch wieder im selben dualisierenden und dadurch bewertenden Modus. Und bringt deshalb auch keine wirklich Hilfe.
Diese Gedanken einfach laufen zu lassen, ist ungefähr so unmöglich wie einer Ameise, die an der Decke läuft, zu sagen, sie solle einfach loslassen . Deshalb müssen wir uns von B C, und sogar weitestgehend auch von A langsam
verabschieden. Wie? Indem wir den Fehler
erkennen:
Zitat von Sinnsucher: Ich weiß dass der Fehler in der Bewertung liegt. Aber das verletzende Ereignis hat weh getan.
Achtung:
Dass Du verletzt bist, stellt die Bewertung bereits dar! Da die Bewertung buchstäblich
Teil des Egos ist, ist auch eine Gegenbewertung ebenso problematisch. B C sind also Kollegen...
Zitat von Sinnsucher: Wie soll ich das ändern?
Indem Du es a) mitbekommst und b) durchschaust. Was durchschauen?
Dass das Vermeinen (Bewerten) ein Automatismus ist, der eine Ich-und-Welt-Illusion und somit unausweichliches Leiden schafft. Diesen Ablauf wirklich zu verstehen, hebt diesen Automatismus nach und nach auf.
Wie @hereingeschneit oben so schlicht rät: Bewerte Deine Gefühle nicht... Das sagt sich so leicht. Tatsächlich entstehen die Gefühle
aus der Bewertung heraus! Es gibt kein Gefühl ohne Bewertung - jede Emotion ist bewertungsgefärbt. Die Gefühle wiederum bestimmen unsere Wahrnehmung, diese unsere geistigen Gestaltungen (Denken, Planen etc.) und dieses ständige Ineinandergreifen das Bewusstsein (Ich bin).
Deshalb bestimmen (ja, schaffen) Bewertungen in gewisser Weise tatsächlich Uns und die Welt. Wenn wir nun daran gehen, diese Bewertungen abzuschaffen, meint das Ego, es selbst sei in Gefahr und schaltet auf Alarm. Das führt idR immer dazu, dass das Ego die Oberhand behält, indem es eine neue, darüber liegende Bewertungshierarchie etabliert, die etwa lautet auf mich (den Bewerter!) kann ich mich letztendlich verlassen.
Und genau das ist die große Illusion.Zitat von Sinnsucher: Ich verstehe nur immer noch nicht wie ich den Absprung schaffe. Beispiel: Es passiert etwas das mich sehr stark verletzt. Wie wir ja schon geklärt haben, ist hier das erste Problem meine Bewertung. Aber es tut weh. Das kann ich nicht aus der Welt schaffen.
Praxis:
1. Du erkennst,
dass Dich etwas verletzt. Das erfordert schon mal eine gehörige Portion Achtsamkeit.
2. Betrachte den
Ablauf von a) Sinneseindruck (Vorkommnis), b) Bewertung + Gefühl, c) Wahrnehmung, d) geistige Ableitung und e) Ich-Bildung im Einzelnen:
a) Zerlege das Vorkommnis in seine Bestandteile und untersuche diese wiederum. Erkenne ihre letztendliche Leerheit oder Neutralität. Sie sind grundsätzlich wertfrei (noch unbewertet).
b) es gibt zweierlei Bewertungen:
gut und schlecht. Diese beiden Kategorien variieren natürlich in ihrer Qualitätsausprägung. Eine gute Bewertung erzeugt ein entsprechend angenehmes Gefühl, eine schlechte Bewertung ein entsprechend unangenehmes Gefühl.
c) Wir nehmen das Vorkommnis als etwas anzustrebendes oder abzulehnendes wahr.
d) Wir nehmen uns vor, uns dieser Situation gegenüber so oder so zu verhalten. Wir
positionieren uns ihr gegenüber und schaffen so ein weiteres Stück unseres
e) Bewusstseins - den, der wir meinen, zu sein.
Im ruhigen, klaren Betrachten dieses Ablaufes sollten wir idealerweise die
Abhängigkeit unseres Egos (Selbst-Bildes) erkennen. Abhängig von was? Falsche Frage!
Erkenne lediglich die Abhängigkeit oder besser, Bedingtheit. Einen Anfang wirst Du nie finden!
Sowohl Zeit als auch Raum sind Gestaltungen des Egos.
Was bedingt ist, kann man nicht als eigenständiges, stabiles Selbst bestätigen. Diese Tatsache lässt wiederum die Leidhaftigkeit von Ich und Welt erkennen.
Je weiter Du in dieser Einsicht kommst, umso leidfreier wird Dein Erleben. Das ist nämlich das (vermeintliche) Paradox:
Je weniger Ich, umso weniger Leid.
Das war jetzt vielleicht etwas spooky für Dich und ich bin mir dieses (vermeintlich) radikalen Ansatzes bewusst, aber wenn Du rein als Arbeitshypothese Dich mal auf diese Praxis einlässt, wirst Du feststellen, dass es im Grunde einer einfachen Wahrheit entspricht und gar nicht so umständlich ist, wie es sich vielleicht hier liest.