Zitat von 8888: Ich hab kein identitätsgefühl. Keine Kraft. Meine Freundin war bei mir und mir wurde klar da ist sie, sie sitzt auf meinem Sofa. Mein Sofa ist komisch merkwürdig und meine Wand mit den Bildern. Ist das wirklich echt? Ist das mein Leben? Voll der Film. Ich will da weg.
Willkommen,
und schön, dass Du da bist und sei Dir versichert, dass es hier Einigen so geht bzw. ging wie Dir. Bei mir fingen die ersten DP/DR-Sequenzen (so nenne ich sie) ein paar Jahre früher an wie bei Dir. Sie dauerten meistens 20-40 Minuten und danach war ich idR für 1-2 Tage ziemlich aus der Bahn. Alles was Du oben beschreibst, kenne ich in vollem Umfang auch wenn es bei mir mitunter zwar häufig, aber nicht so langandauernd passierte. Je älter ich wurde und umso mehr ich mich um ein stressfreieres Leben bemühte, desto seltener fanden diese Sequenzen statt. Heute habe ich das ca. alle 1-2 Jahre mal, dann aber auch mehrmals hintereinander an einem Tag.
Schau Dir die Sache mal genauer an: sprichwörtlich Alles, also das gesamte Erleben ist binnen kürzester Zeit total ungewohnt, anders, fremd, un-meins. Das erzeugt schlicht Angst, insbesondere bei Angstpatienten (ist ja vielleicht auch eines der Themen, über das Du nicht reden willst.).
Ich kann sagen, dass ich nach der ersten DP/DR-Sequenz auch längerfristig ein anderer Mensch war, der etwas erlebt hat, von dem ich wusste, dass es so gut wie niemand aus meiner Umgebung verstehen kann. Dieses Wissen verstärkte logischerweise die Angst vor diesem Zustand.
Durch jahrelange Meditation lernte ich - zumindest halbumfänglich - wie Wahrnehmung und Ich-Bildung überhaupt funktionieren und münzte diese Einsichten auch auf das Phänomen DP/DR um. Darum kann ich heute sagen:
Die normale Wahrnehmung und die Wahrnehmung während einer DP/DR-Sequenz sind im Grunde nicht verschieden, sie werden vom Geist lediglich unterschiedlich interpretiert.
Die normale Wahrnehmung hat sich jahrzehntelang in der Erlebenswelt (Ich, mein Körper, die Umwelt, meine Familie etc.) buchstäblich eingerichtet. Die Sinneseindrücke wurden vermeint, zu meiner Welt gemacht. Das erzeugt ein Gefühl (!) von Orientierung, Sicherheit und Kontrolle.
Dieses Gefühl hat aber einen Haken: Es hat, wie alle Gefühle, keine Stabilität, keine unveränderliche Grundlage und Entität. Es ist lediglich Interpretation - und somit, so seltsam sich das anhört, Illusion.
Inzwischen kann man DP/DR relativ gut zuordnen und erklären. Es ist eine idR durch neuronalen und/oder körperlichen Stress bedingte Schutzfunktion (oder Kompensationsfunktion) des Geistes. Irgendwas (!) in der normalen Wahrnehmung ist/war so belastend, dass der Geist umgeschaltet hat - in Deinem Fall switched er evtl. hin und her.
Du kannst Dich - das ist die gute Nachricht - in diesem neuen Erlebenszustand auch ein Stück weit einrichten, wie oben beschrieben. Du wirst evtl. die nächste Zeit etwas Justierungsschwierigkeiten haben, was die Zuordnung von Gefühlen zu Sinneseindrücken angeht. Das ist völlig normal. Du bist und wirst nicht verrückt oder so...
Zitat:Ich hab jemand kennengelernt anfangs war alles toll doch dann wurde der typ merkwürdig. Gleichzeitig hat er mich an jemanden erinnert einen Mann aus meiner Kindheit vor dem ich als Kind immer Angst hatte.
Überbewerte diese Begegnung bitte nicht. Wenn ich es richtig verstehe, fiel Deine erste DP/DR in diese Zeit und da denken wir, exakt dieser Vorgang hätte sie ausgelöst - dem ist m. E. nicht so. Das ist eher Zufall bzw. es brachte ein eh schon volles Fass zum Überlaufen.
Deine Zeit davor erscheint mir sehr (über-?)ausgefüllt gewesen zu sein. Bedenke: auch Eustress stresst...