Hallo Tinkerlady,
meine erste Panikattacke ist erst einige Wochen her, d.h. ich bin noch ein absoluter Neuling unter den Angsthasen, aber bei mir ist es genauso wie bei dir, dass vor allem die Phasen zwischen den Attacken sehr belastend sind. Ich hatte seit der ersten Attacke fast zwei Wochen ununterbrochen dieses Gefühl der Unwirklichkeit....einen Tunnelblick, das Gefühl mein Gehirn sei in Watte gehüllt, teilweise das Gefühl, meinen Mund nich richtig steuern zu können, keinen richtigen Kontakt zur Außenwelt (als sei mein Körper unter einer Käseglocke)...es fällt mir sehr schwer mich auf irgendwas zu konzentrieren, insbesondere auf Gespräche mit anderen. Ich habe das Gefühl als sei meine Reaktionsgeschwindigkeit stark verlangsamt. Oft hab ich das Gefühl, mein Gedächtnis hätte mich verlassen, weil ich mich an viele Dinge auf Anhieb nicht erinnern kann (die kommen dann meist nach kurzer Zeit wieder) und ich fühle mich an vielen Orten, die mir eigentlich bekannt sind, ganz plötzlich für einen kurzen Moment orientierungslos.
All diese Symptome führen dazu, dass ich mich in bestimmten Situationen erschrecke, Herzrasen kriege und sich alles zur Panikattacke hochschaukelt. Die ersten Tage passierte das häufiger. Seit ca. einer Woche habe ich es ganz gut im Griff.
Ich habe seit der ersten Attacke ungalublich viel über Panik- und Angststörungen gelesen, um mich zu vergewissern, dass ich wirklich daran leide und keine anderen Krankheiten habe. Die sog. Deralisation und Depseronalisierung war dabei für mich von besonderem Interesse, weil es für mich wie gesagt auch das belastenste von allem ist.
In irgendeinem Beitrag bin ich auf eine Erklärung gestoßen, die mir sehr geholfen hat. Ob sie wissenschaftlich fundiert ist oder nicht, weiß ich nicht, aber für mich klang sie plausibel und sie beruhigte mich, das ist ja am Ende was zählt. Also die Erklärung lautete in etwa so:
Nach der Panikattacke geht man in den Selbstbeobachtungsmodus. Man beobachtet und analysiert dann ununterbrochen jede kleinste völlig normale Regung im Körper. Das Gehirn muss alle Reize pausenlos analysieren. Es arbeitet also viel mehr als vor der ersten Panikattacke als noch alles normal war, ohne Angst. Hinzu kommt, dass viele dieser kleinen Regungen im Körper nun fälschlicherweise als Gefahr gewertet werden, weshalb das Gehirn zusätzlich zum Beobachtungsmodus nebenbei auch ständig in den akute Gefahr-Modus wechselt.
Das alles führt dazu, dass das Gehirn ermüdet und bald völlig erschöpft ist. Da es sich aber - egal was kommt - weiterhin auf die vermeintlich lebenswichtige Beobachtung der Gefahr konzentrieren muss, werden andere Befehle, z.B. Kommunikation mit Kollegen, Orientierung im Kaufhaus usw., nur nachrangig bearbeitet. Das heißt das Gehirn hat es als wichtigste Aufgabe, zu beobachten, ob vom Körper eine Gefahr ausgeht. Nur nebenbei und zweitrangig werden alle anderen, alltäglichen Aufgaben erledigt.
Biochemisch ist es dann wohl tatsächlich so, dass Neurotransmitter bestimmte Reize etwas langsamer übertragen als sonst.
Die Derealisierung oder Depersonalisation, die bei uns das Gefühl hinterlässt, verrückt oder Schizophren zu sein, ist also im Grunde nix anderes als ein völlig ungefährlicher Hinweis des Gehirns, dass es überfordert ist. Die bitte unseres Gehirns, es zu entlasten, also sich weniger Reizen auszusetzen.
Seitdem ich das verinnerlicht habe, geht es mir insgesamt besser und ich hatte sogar vereinzelnt Tage, an denen das Unwirklichkeitsgefühl phasenweise ganz weg war. Wenn es da ist, dann versuche ich es einfach zu akzeptieren. Es nervt, aber es ist nicht gefährlich. Es zeigt mir eigentlich nur, wie gut mein Gehirn funktioniert.
Was mir außerdem gut gegen die Derealisation hilft, ist Freunde fragen, wie ich im Gespräch auf sie wirke, also ob sie irgendwas bemerken. Denn die Empfindung, langsam oder wie ein Roboter zu sein, haben nur wir selbst. Außenstehende nehmen das gar nicht wahr, weil die neurotransmitter-bedingten Verzögerungen nur Millisekunden ausmachen.
Probier das mal aus, mich beruhigt die Bestätigung von außen, dass ich nicht verrückt wirke.
puuuh, das ist jetzt ganz schön lang geworden
Ich hoffe, dass dir diese Erklärung genauso hilft wie mir