Liebe Abendschein, ich kann mir das wirklich vorstellen, dass das mit deinem Vater zusammenhängt. Und es erklärt so viel.
Und erklärt deine Hilflosigkeit bei den anderen, den Ekel, aber gleichzeitig dein Mitgefühl, und deine Machtlosigkeit.
Ein geliebter Mensch, der Vater, leidet, erbricht sich, ist laut, es stinkt, du hilflos in der Badewanne, nicht verstehend, nicht helfend könnend, gleichzeitig entsetzt, abgestoßen, mitfühlend.
Und da fragst du dich noch, warum du ein Problem damit hat.
Geh doch mal in das Gefühl rein und zwar jetzt als Erwachsene. Die große Vaterfigur, leidend, aber auch hässlich im Anblick und lautstarkes Erbrechen.
Das hat sich wirklich in Angst und Schrecken versetzt. Und wenn du ehrlich bist, hast du das gehasst. Und gleichzeitig auch verstanden, dass es nicht anders geht.,
Dieser Widerspruch ist deine Angst. Dieses, will es mal so sagen, auch eindringen in deine Intimsphäre. Intimsphäre, weil man Eltern nicht dabei zusehen will. Und dann noch dein Mitleid. Das ist widersprüchlich und darum KANNST du das nicht zulassen, weil es immer wieder bei dir zu diesem peinlichen, ekligen, schrecklichen, aber auch hilflosen Zustand führt.
Darum willst du das nie mehr haben. Und nie mehr sehen. Und das ist so schrecklich, dass du alles dafür tust, um diese Situationen zu meiden.
Eigentlich kannst du von einem Trauma sprechen. Und das hast du auch erlitten.
Da sollte dein Ansatz sein. Dir diese Situationen zu vergeben. Deine Hilflosigkeit damals, deinen Ekel.
Verstehst du, was ich meine. Es sind diese irren Gefühle, die dich da triggern. Jedes Mal bist du in der Ambivalenz von damals gefangen.
Dieser jämmerliche, eklige, traurige Anblick deines Vaters. Mitgefühl und Abscheu gepaart mit Hilflosigkeit und Liebe, das kriegst du nicht auf die Reihe.
So ein Bild willst du niemanden zumuten, nicht mal dir selbst.
Was du jetzt lernen musst, ist dass es menschlich ist. Und wir alle sind in unseren Verrichtungen gleich. In der Regel sind Ausscheidungen Privatsache.
Ausnahmen sind Krankheiten. Da kann es passieren, dass wir diese Schutzmaßnahmen (wir ziehen uns zurück) nicht aufrechterhalten können und dann wird es öffentlich und somit auch peinlich.
Du musstest es erleben, ohne dieses Wissen, und gleichzeitig mit der Angst um einen lieben Menschen.
Jetzt denke mal darüber nach.
26.09.2015 21:34 •
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