Ich bin 21 Jahre alt, werde morgen 22 und es könnte mir gerade nicht schlechter gehen. Anfang November hatte ich plötzlich wie aus dem Nichts Angst vor dem Tod bekommen. Es war ein ganz normaler Vormittag, ich stand im Bad vor dem Spiegel und habe mich fertig gemacht. Seitdem habe ich extrem gruselige Gedanken. Die Frage, was passieren wird, wenn wir sterben, geht mir gar nicht mehr aus dem Kopf. 1,5-2 Wochen lang habe ich die Angst für mich behalten können. Ich wollte niemanden damit belasten, oder gar runterziehen. Jeder hat doch irgendwann mal Angst davor. Mit meinen Kommilitonen auszugehen hat gar nichts gebracht, ich sah mich im Club/in der Bar um und musste nur daran denken, wie wir nie wieder so jung sein werden wie jetzt gerade. Und wie meine lieben Kommilitonen auch sterben müssen. Irgendwann ist es dann aus mir rausgeschossen. Ich bin zusammengebrochen, habe geweint, geschrien, wusste gar nicht mehr weiter. Meine Mutter kam zu Hilfe, richtig trösten konnte sie mich aber auch nicht. Wir haben uns dann gedacht, dass ich dringend mal mit einem Arzt darüber sprechen muss. Einen Termin hab ich aber natürlich nicht so schnell bekommen.
Meine Mutter kam dann auf die Idee, dass wir die nächsten Tage bei meinem Bruder verbringen sollten, einfach so zur Ablenkung. Ich habe mich so bemüht, aber eine Ablenkung war irgendwie nicht möglich. Immer wenn wir am Tisch saßen und aßen, musste ich daran denken, wie auch er älter wird. Selbst wenn ich meine Lieblingsserien geschaut habe, musste ich daran denken, dass es für die Schauspieler irgendwann so weit ist. Ich habe die Gedanken nicht mehr ausgehalten und wollte einfach nur schlafen. Gegessen habe ich auch fast nichts. Für mich gabs nur Vorlesungen und dann der Schlaf. Wieder zu Hause wurde es richtig schlimm. Ich bin morgens viel zu früh aufgewacht, konnte nicht weiterschlafen und es spukte wieder in meinem Kopf. Ich konnte es nicht mal steuern, ich habe mir so viel Mühe gegeben, an etwas anderes zu denken. Ich wollte meine Mutter wecken, weil ich einfach jemanden zum Reden brauchte. Ich habe sie gerüttelt, geschüttelt, sie hat mich aber im Halbschlaf abgewehrt. Mir blieb nichts anderes, als bei der Telefonseelsorge anzurufen, ich wollte einfach NUR REDEN. Über meine Ängste. Einmal hat mir eine Dame sehr geholfen. Am nächsten Tag half eine andere Dame da gar nicht Weiß nicht, was ich Ihnen sagen soll.
Ich habe die nächsten drei Tage bei meiner besten Freundin und ihrem Freund verbracht. Die ersten 24 Stunden ging es mir nicht besser. Immer wenn ich mich im Spiegel angesehen hab, habe ich daran gedacht, dass ich nicht immer so aussehen werde. Der erste Morgen verlief genauso wie die letzten, also wirklich schei., wenn ich das so sagen darf. Aber danach ging es so langsam. Dadurch, dass auch ein anderer Freund ständig da war, war die Bude irgendwie immer voll. Die Gedanken waren nie völlig verschwunden, aber es war ok. An dem Samstag waren wir auf einem Geburtstag einer Freundin, die sagte, dass sie mit 20 jetzt voll alt sei. Meine beste Freundin und ich haben sie natürlich ausgelacht. Ich hatte die selben Gedanken wie als ich mit meinen Kommilitonen aus war, aber nicht so stark, dass sie die ganze Nacht dominierten. Am nächsten Nachmittag bin ich wieder nach Hause gefahren. Das ist jetzt fast 3 Wochen her. Danach ging es mir viel besser. Ich hatte zwei Tage später meinen Termin beim Arzt und habe ihm gleich gesagt, dass ich es bedauere, dass wir uns da erst getroffen haben. Mir ging es VIEL besser. Ich konnte essen, schlafen, die Uni war ok, das Wetter war auch ok. Dementsprechend fiel die Sitzung eher weniger.. naja authentisch aus.
Danach war ich so beschäftigt mit der Uni, dass es ging. Meine Ängste galten nicht mehr so unbedingt dem Tod sondern dem Älterwerden. Ich habe mich ständig mit berühmten Persönlichkeiten verglichen und immer geschaut wie viel älter sind. Bei dem einen oder anderen natürlich einen Schock gekriegt, als ich gemerkt habe, dass sie maximal 3 Jahre älter sind. Und jetzt seit 3 Tagen sind die Ängste wieder da. Heute hab ich meinen Tiefpunkt erreicht. Ich werde morgen 22 und komme mir vor, als ob ich morgen 30 werde. Und übermorgen sterbe. Dass meine 40jährige Schwester und meine 60jährige Mutter mit Sprüchen wie Ja, was sollen WIR denn sagen? kommen, hilft absolut gar nicht, verschlimmert das Ganze sogar. Ich habe das Bedürfnis mit älteren zu sprechen, aber bisher habe ich nicht eine beruhigende Aussage gehört. Schlimmer sogar. Habe meine 30er gar nicht mitbekommen. Super, soll ich schon beim Bestatter anrufen?
Und da bin ich wieder, ganz am Anfang. Kann nichts essen, könnte nur weinen. Muss für Klausuren lernen, kriege meinen Kopf nicht frei. Ich sitze einfach nur da und habe Angst davor, dass die Zeit rennt. Ich die Augen zumache und wenn sie wieder offen sind, bin ich 60. Ich will meinen Geburtstag nicht feiern. Ich habe so Angst. Ich würde so gerne wieder mit meinem Psychologen sprechen. Denn jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt. Ich hab mittlerweile sogar Angst davor, dass die Angst nicht verschwindet.
Es kommt mir so lächerlich vor. Ich sehe 19 jährige und bin neidisch. Immer muss ich mir selbst eine ohrfeigen und sagen IHR SEID EINE GENERATION! SIE SIND LÄCHERLICHE 3 JAHRE JÜNGER! Ich bin Studentin im 3. Semester, ich wohne sogar noch zu Hause. In zwei Wochen fliege ich nach Kalifornien und mache ein Auslandssemester, ich müsste mich eigentlich freuen wie sonst was, weil sich ein Traum erfüllt. Es IST lächerlich. Aber es ist einfacher, das zu schreiben, als das auch wirklich zu denken
Ich bin einfach nur noch hilflos. Ich will so nicht leben.
Sorry für meinen Roman. Ich wünsche euch schöne Feiertage.
25.12.2014 15:07 • • 23.04.2018 #1
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