Also erstmal: Da bist du nicht alleine. Fast allen Menschen mit Angstproblemen dürfte Angst vor dem Arzt gut bekannt sein. Und sogar Menschen, die sonst nicht ängstlich sind. Mein Vater z.B. hat generell vor nichts Angst, aber beim Arzt hat er stets Blutdruckwerte und Pulshöhen, die man sonst nur beim Bergsteigen erreicht.
Gut ist aber, dass er das seinem Arzt sehr offen gesagt hat. Und auch dem Arzt war dieses Symptom wohlbekannt. Er meinte das ist ja nichts Ungewöhnliches. Ihre Werte können wir somit völlig vernachlässigen, da es sich ja um einen Puls in einer Belastungssituation handelt.
Bei mir war es ähnlich, nur dass ich es meinem Arzt partout nicht sagen wollte, weil es mir peinlich war und mein Arzt nicht gerade zur sympathischen Sorte gehörte. Irgendwann ging es aber nicht mehr anders, weil ich gezittert habe wie Espenlaub und mir der Schweiß nur so runterlief. Ich hab also gesagt Ich bin immer unglaublich nervös beim Arztbesuch. Ich weiß, es ist eigentlich Quatsch, aber die Angst kommt irgendwie wie von selbst. Überraschenderweise war aber auch mein Arzt kein bißchen überrascht davon und auch nicht besorgt. Er meinte, mindestens bei der Hälfte seiner Patienten würde er merken, wie nervös sie sind. Man merke das als Arzt ja z.B. am Blutdruck, Puls oder beim Abhören der Lunge. Ich hab dann gefragt: Und was raten sie diesen Leuten dann? - Gar nichts meinte der Arzt. Das ist doch ein völlig normale, menschliche Angst.
Diese beiden Geschichten erstmal vorab, dass es dir IN KEINEM FALL peinlich oder unangenehm sein muss, Angstsymptome beim Arzt oder anderen Patienten zu zeigen. Die anderen sind wahrscheinlich insgeheim genauso nervös wie du.
Wie verfährst du nun am besten?
Erstmal würde ich dir raten, offen mit deinem Arzt kurz drüber zu sprechen. Für ihn wird das sicher keine große Sache sein. Vielleicht schon vorher am Telefon (falls er eine Telefonsprechstunde hat). Oft führt ja das Bestreben, die eigene Angst nicht zeigen und verheimlichen zu wollen, weil sie einem peinlich ist, dazu, dass sich gerade noch mehr Druck aufbaut und die Angst noch verschlimmert.
Dann: Denk daran, dass die Angst beim Warten ihr höchstes Ausmaß bereits erreicht! Deswegen ist es auch schade, dass du letztes mal aus dem Wartezimmer rausgegangen bist, denn das Schlimmste hattest du wahrscheinlich schon hinter dir. Das Warten hat etwas unglaublich Angststeigerndes an sich, was ganz besonders beim Arzt extrem ist. Aber manche Menschen werden ja schon beim Warten in einer Schlange beim Bäcker extrem nervös. Ich nenne das immer Schwellenangst, auch wenn Erwartungsangst wohl der psychologisch korrekte Ausdruck ist. Man macht sich verrückt vor einem bestimmten Moment und am schlimmsten ist es unmittelbar bevor dieser eintritt. Wenn er dann da ist, wirst du merken, dass deine Angst langsam aber sicher immer mehr abnimmt. Das Schwierige ist aber, dass du dich selbst über diese Schwelle befördern musst. Und das kostet ganz schön viel Mut und Willen. Wenn man es aber mal gepackt hat, dann hat man danach ein unglaublich tolles Gefühl, etwas geschafft zu haben und man merkt sofort, wie der Glaube an sich selbst wieder wächst.
Als kleine Hilfestellung könntest du versuchen, schon bevor du zum Arzt gehst, ganz bewusst und langsam auszuatmen. Eine Anleitung dafür findest du unter dem Stichwort Bauchatmung überall im Internet. Einfach mal bei Google eingeben. Gerade das Gefühl des Schwindels, welches bei der Angst ja durch eine falsche Atmung entsteht (was aber natürlich völlig harmlos ist, sich nur sehr unangenehm anfühlt), kann hiermit recht gut beeinflusst werden, auch wenn man es natürlich damit nicht ganz wegbekommt. Wie gesagt: Schon vor deinem Angsthöhepunkt solltest du mit dieser Art der Atmung beginnen. Oftmals verhinert sie ein Anwachsen der Angst auf einen schier unerträglichen Punkt.
Ich wünsche dir jedenfalls viel Erfolg. Es wird sicher sehr unangenehm für dich werden, aber du schaffst das bestimmt!
21.10.2011 21:26 •
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