Also fangen wir mal ganz von vorne an, denn die Wurzeln liegen denke ich schon in der Kindheit, da fing alles schon an. Was die Ursache allerdings ist darüber kann ich nur Rätselraten, vielleicht gibt es auch keine und es ist genetisch, meine Mutter und Oma waren auch immer etwas psychisch auffällig, auch wenn sie sich nie in Behandlung begeben haben.
Egal auf jeden Fall bin ich schon als kleines Kind manchmal nachts voller Panik aufgewacht und hatte Todesangst, doch damals halfen noch tröstende Worte und Umarmungen meiner Mutter dagegen. Als es immer schlimmer wurde mit mir, wurde eine Anämie bei mir festgestellt und ich mußte monatelang Eisen futtern. Mir wurde Sport empfohlen und ich ging in einen Fußball und Tennisverein. Unter diesen Maßnahmen wurde alles besser, die nächtlichen Panikattacken waren weg. Eisen mußte ich auch bald nicht mehr nehmen.
Die Probleme gingen in der Pubertät wieder los, als mein bester Freund von meinem Wohnort wegzog, mit dem hatte ich bis dahin fast all meine Freizeit verbracht ja teilweise übernachteten wir sogar beieinander, obwohl wir nur ein paar hundert Meter auseinander wohnten. Da fiel ich in ein tiefes finsteres Loch. Er wechselte leider auch die Schule, so hieß es neue Freunde suchen, doch so einen guten fand ich nie wieder. Auch heute noch haben wir Kontakt aber so wie früher wurde es nie wieder. Denn als Kind oder Jugendlicher ist man leider sehr immobil und mein Freund fand schnell neue Freunde an seiner neuen Schule und Wohnort, mir fällt das leider nie so leicht, hatte schon immer Angst vor Veränderungen.
Auf jeden Fall ist mir in der Schule auf der Toilette mal ein Maleur passiert und ich habe mich beim Pinkeln angepinkelt, die Hose war ganz naß, seitdem ging ich immer in eine Kabine, damit wenn mir mal wieder sowas passieren sollte, es niemand sieht und mich auslacht (Kinder können sehr grausam sein, wie wir alle wissen). Dann einmal ging ich mit meinen Schulkameraden zusammen auf die Toilette und ich in eine Kabine, diese ganz normal ans *beep*, plötzlich sprangen sie von außen hoch von den Nachbarkabinen aus und guckten zu mir runter sie konnten mich wohl nicht verstehen, da bin ich so erschrocken, daß ich von nun an nur noch konnte, wenn ich völlig alleine auf Toilette war aus Angst daß so etwas wieder passieren könnte, völlig bescheuert eigentlich wenn man so darüber nachdenkt, aber es war wie es war. Und auf einer Schule mit hunderten von Schülern ist es nicht so gut möglich allein auf einer Schultoilette zu sein. Ich ging deshalb außerhalb der Pausenzeiten, bis einmal eine Lehrerin mir verbot zu gehen weil gerade erst Pause gewesen sei. Das haute mich dann soweit runter, daß ich gar nicht mehr in der Schule aufs Klo konnte und immer von 6 bis 14 Uhr nicht auf Toilette ging (eigentlich Wahnsinn oder). Diese Manie schränkt mich in meinem Leben immer mehr ein. Teilweise kreisten meine Gedanken nur noch ums Pinkeln, jedesmal wenn ich aus dem Haus ging und unterwegs war dachte ich immer daran. Manchmal ging ich meilenweit nur um alleine pinkeln zu können.
Dann kam für ein paar Jahre eine Wende als ich meine erste große Liebe fand, da vergaß ich sogar mein Pinkelproblem. Naja irgendwann war dann Schluß und es fing wieder alles von vorne an. Das Problem war auch nie das Pinkeln an sich denke ich, sondern die Wurzeln lagen wie schon in der Kindheit eher in einer Angststörung, so kristallisiert es sich immer mehr herraus, ich habe nur auf ein anderes Problem projeziert so war es leichter zu verstehen als Kind und Jugendlicher denke ich, wie gesagt ich bin kein Psychiater. In jeder Krisensituation wurde es schlimmer, dann kam ich wieder jahrelang gut zurecht und es ging mir gut. Die größte bisherige vor der jetzigen Krise hatte ich vor dem 2. Staatsexamen, keine Ahnung warum denn lernen fiel mir immer leicht und ich war auch nie schlecht in der Schule oder an der UNi, aber es war so. Ich lebte damals alleine in einem Appartement und drehte völlig durch, bis ich wieder zu meinen Eltern zog, dann wurde es langsam wieder besser, ohne Medikamente, bis heute mußte ich nie etwas einnehmen, vielleicht hätte ich das schon früher mal machen sollen, dann wäre es wohl nie soweit gekommen. Damals als ich zu meinen Eltern zog habe ich auch einen Psychiater aufgesucht, aber der hatte mich total enttäuscht. Ich glaube der hat nicht wirklich verstanden wie sehr mich mein Problem belastete, hat mich nur ausgefragt und den lapidaren Rat gegeben ich solle doch die Toilette auch mal aufsuchen wenn ich gar nicht müsse um die Angst davor zu verlieren. Ich fürchte er hatte gar nichts verstanden. Aber egal es wurde auch so wieder besser und ich mußte die Sitzungen die ich sausen Ließ trotzdem bezahlen, bin leider privat versichert, würde ich auch nicht mehr machen, aber jetzt komm ich in keine gesetzliche mehr.
Nun Examen hab ich trotzdem hingekriegt, machte PJ und lebte dort in einem Studentenwohnheim, da gings mir richtig gut, war nie alleine und wenn ich doch mal meine Ruhe haben wollte, einfach Tür zu und ich hatte meine Ruhe. Dann gings mit AIP los, neue Freundin, alles gut. Bis jetzt!
Es kamen neue andere und viel beängstigendere Symptome. In der Klinik herrschte chronischer Ärztemangel ich mußte monatelang die Arbeit von zwei machen, der Chef geht bald in Ruhestand und es wurde mir angtragen endlich meinen Facharzt zu machen und so würden sie mich gerne als Oberarzt sehen. Zusätzlich hatte ich geheiratet drei Kinder und ein Haus gekauft, war also das erste mal in meinem Leben verschuldet. Also Druck, Druck und nochmals Druck. Ich wurde immer gereizter, schlecht gelaunt, schnauzte die Schwestern an, teilweise auch Patienten. Dann begann ich immer wieder wenn mich jemand oder etwas aufregte zu hyperventilieren und nachts konnte ich nicht mehr einschlafen. Es war und ist die Hölle. Nun das Verhängnis ich versuchte nun alle möglichen Medikamente um mich zu beruhigen und schlafen zu können. Tavor expedit, das gaben wir auch gerne unseren Patienten mit Panikattacken, von der Wirkung war ich enttäuscht und schlafen ging auch nur so leidlich, tagsüber hatte ich mich größtenteils im Griff, hing wohl auch mit der nachts genommenen Tavor zusammen. Und zumindest zu Hause bei meine Familie und im Urlaub mußte ich nix nehmen, nur manchmal zum einschlafen. Aber es wurde mit der Zeit immer schlimmer und deshalb fragte ich unseren Neurologen, der einmal die Woche zu Konsilen zu uns kam um Rat. Er meinte ich habe eine Depression mit Panikstörung und Somatisierung und verordnete mir Zoloft. Entsetzt war er von meiner Selbsttherapie mit Tavor, da es in hohem Maße abhängig macht. Allein das Gespräch mit dem Neurologen hatte mich so beruhigt, daß ich 2 Tage erst mal gar nichts mehr nahm, doch dann Sonntag Mittag an einem freien Wochenende überfiel mich so eine wahnsinns Panikattacke das ich glaubte jetzt falle ich gleich tot um. Ich konnte mich nur zögerlich aufraffen aufzustehen und versuchte mich mit Gartenarbeit abzulenken, doch ich mußt nun doch wieder zu Tavor greifen, da ich sonst auch zu meinen Kinder unausstehlich war. Nun habe ich das Gefühl bereits abhängig zu sein. Ich nahm nun die Zoloft erstmal 25 mg, und es wurde von Tag zu Tag schlimmer, jetzt hatte ich Tagsüber so schlimme Angst- und Panikattacken, die in immer kürzeren Abständen kamen, zusätzlich hatte ich mir nun auch noch Brechdurchfall eingefangen ich kann nun nix mehr essen mir ist dauernd übel. habe keinen Appetit, habe schon 6kg abgenommen und muß immer wieder Tavor nehmen und abends zu schlafen Zopiclon, die hatte mit der Neurologe empfohlen, da sei der Rebound nicht so schlimm wenn man sie wegläßt, aber sie machen auch süchtig. Jetzt habe ich mich auch das erste mal krank gemeldet, da ich das Gefühl habe so nicht vernünftig Arbeiten zu können, alles in meinen Gedanken dreht sich nur noch um die Angst vor der Angst, und ich werde immer depressiver und niedergeschlagener, auch weil ich merke daß ich für meine Familie immer mehr eine Belastung bin so wie ich bin.
Kommt erst die Panikstörung und dann die Depression, oder erst die Depression und dann die Panikstörung?
Achja und damit man versteht warum ich selber so hilflos bin, eigentlich bin ich Chirurg und nun als Internist tätig also von Psychiatire und Neurologie nur Basiswissen, leider. Und das was man weiß macht einem mehr Angst als daß es einem hilft.
Also für hilfreiche Vorschläge oder Tips bin ich dankbar, gerne auch von professionellen Kollegen.
17.04.2011 08:45 • • 22.04.2011 #1