Hey tofa,
auch wenn du bereits einige sehr gute Antworten erhalten hast, möchte ich dir auch nochmal etwas Mut machen.
Als ich deine Geschichte gelesen habe, hatte ich das Gefühl, ich hätte das geschrieben. Ich kann dich in so vielen Punkten genauso verstehen. Auch ich habe ständig das Gefühl, mit einer besonderen Angst und den damit zusammenhängenden Gedanken allein zu sein. Es ist allein die Angst vor der Angst, die mich umtreibt. Die Angst es könnte schlimmer werden und dann wird es schlimmer. Ich bin davon überzeugt, dass es so ist, also wird es auch immer so bleiben. Immer wenn ich mich gut fühle, kommt der Gedanke und darauf folgt wieder die Angst.
Und natürlich erlebt das niemand so wie ich. Die ganzen guten Ratschläge können zwar den Anderen helfen, aber ich habe ja tiefgreifende Überzeugungen und deswegen klappt es bei mir nicht. Niemand kann mir mit meiner Angst helfen, niemand versteht diese Gedanken. Und der ständige Wunsch endlich jemanden zu finden, dem es genauso schlecht geht wie einem selbst. Und auch das Wiederherauskommen aus der Angst war bei mir absolut ähnlich. Irgendwann hat man nicht mehr so viel dran gedacht, dann ging es weg. Und auf einmal kommt es doppelt so hart zurück. Die gleichen Gedanken, die man vorher hatte machen einen nun total fertig.
Der größte Unterschied zwischen uns: Ich habe das seit knapp 20 Jahren. Und hatte unzählige Rückfälle.
Auch ich hatte eine Verhaltenstherapie gemacht, die mir nicht wirklich geholfen hat. Selbst die Erfolge der Therapie habe ich durch meine negativen Gedanken wieder zunichte gemacht. Ich habe leider viel zu spät damit angefangen, mir überhaupt Hilfe zu suchen (nach ca. 8 Jahren). Dadurch wurde die Angst ein großer Teil meiner Persönlichkeit. Mittlerweile habe ich einen stationären Aufenthalt und eine 3-jährige analytische Therapie hinter mir und ich habe erst nach vielen Jahren überhaupt begriffen, warum ich mir so eine Angstwelt aufgebaut habe. Ich habe die Therapie jetzt verlängert und bezahle 50% der Stunden selbst.
Wie kann dir das jetzt helfen?
Es gibt einige Dinge, für die ich Jahre gebraucht habe um sie zu verstehen:
1. Therapie funktioniert nicht so, wie du dir das vorstellst. Es kommt niemand und sagt dir was du tun und lassen sollst und dann geht es dir besser. Du allein bist für deine Heilung verantwortlich und musst dir deine Gedanken selbst machen.
2. Zu glauben man sei damit allein und niemand könne einem helfen (Opferrolle) sind (unbewusste) Abwehrmechanismen gegenüber der Therapie. Für diese Mechanismen gibt es eine Vielzahl an möglichen Gründen (sei es ein sekundärer Krankheitsgewinn, Angst vor Veränderungen, Angst vor Verlust der eigenen Persönlichkeit,...). Dies zu ergründen ist die Hauptaufgabe einer analytischen Therapie.
3. Die Angstgedanken sind lediglich ein Symptom für ein dahinterliegendes Problem. Die Gedanken selbst sind nicht zielführend, im Gegenteil, sie sind meist unlogisch, auch wenn sie sich wahr anfühlen. Solange du aber an diesen Gedanken festhältst und sie als Realität annimmst, arbeitest du nicht an dem Problem dahinter.
4. Wie Kruemel_68 bereits schrieb, es ist absolut irrelevant, ob jemand die gleichen Gedanken hat wie du. Glaube mir, du wirst immer etwas finden, was dich am Ende doch von anderen unterscheidet und somit einen Grund finden, warum dieses oder jenes nicht bei dir funktioniert. Du kannst dir sicher sein, dass jeder seine eigene Hölle durchmacht, jeder seinen eigenen Ausweg finden muss und auch jeder seine eigenen Abwehrmechanismen hat. Am Ende sind es aber alles Angststörungen. Zu glauben man sei an dieser Stelle einzigartig ist eher ein Zeichen für Narzissmus (Mir das einzugestehen hat sehr lange gedauert...)
Du kannst dir absolut sicher sein, dass auch diese Phase irgendwann vorüber geht oder zumindest stark abklingt. Aber du kannst auch genauso davon ausgehen, dass es irgendwann wieder kommt, wenn du nicht versuchst an dem Ganzen zu arbeiten.
Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und hoffe, dass dir die Therapie den gewünschten Erfolg bringt.
21.02.2023 12:59 •
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