Zitat von novemberrain:@HeikoEN,
das wäre auch meine Frage gewesen:
Wieso trifft diese Angststörung auch Menschen, die eine super Kindheit hatten, wo die Ursache NICHT in der Kindheit zu finden ist?
Du traust Dir also wirklich zu, Deine eigene Kindheit beurteilen zu können?
Wie will ein Blinder, einen Vortrag über Farben halten?
Und ich spreche nicht ab, dass eine Kindheit von außen betrachtet schön war.
Zoobesuche, Kindergeburtstage und die Eltern haben am Wochenende so viel gemacht...
Alles gut und schön, aber darum geht es nicht.
Nach welchen Kriterien beurteilst Du eine Kindheit?
Was muss erfüllt sein, was nicht?
Was muss erlebt worden sein, was darf nicht?
[...]
Zitat von novemberrain:UND:
Was passiert mit den Angsthasen, die eine schwere Kindheit hatten, sich aber mit den Eltern ausgesprochen und versöhnt haben? Die, die jetzt wissen, dass sie doch geliebt wurden, obwohl sie es nie so empfunden haben?
Nichts passiert mit denen.
Weil es darum schlichtweg nicht geht.
Die Gefühle und deren Bestätigung erlangen sie dadurch ja nicht zurück.
Situationen wie aussprechen oder Versöhnung sind kognitive Leistungen, die ggf. Eltern WEITER NUTZEN, um IHR BILD und IHR VERSTÄNDNIS von Erziehung, Leben, Kinder, Werte usw. auf das Kind zu projezieren.
Klar, oder?
Eltern tun IMMER das und IMMER mit voller Liebe und sind trotzdem NICHT frei!
Ein Beispiel dazu:
Stellen wir uns unsere Eltern vor, die den ganzen Tag arbeiten, um Geld zurückzulegen, um uns einen Lebensstil zu ermöglichen, der nach ihren Vorstellungen, gut ist. Sie wollen das Beste für ihr Kind, sie tun es aus Liebe. Sie mühen sich für das Kind ab.
Wenn das Kind aber nun sagt: Papa, ich möchte mit Dir spielen! passiert was?
Mama wird antworten: Papa hat keine Zeit, er muss arbeiten, damit es uns gut geht. Das weißt Du doch.
Im Erwachsenenalter wird das Kind sagen, meine Eltern haben alles für mich getan, mein Vater hat so viel gearbeitet. Ich hätte mir zwar so sehnlichst gewünscht ihn zu sehen, mit ihm zu spielen, aber es ging einfach nicht anders.
Hier stellt der Vater sein Schicksal, seine Einstellung, sein Verständnis des Lebens und seine dazugehörigen Gefühle über die des Kindes. Damit verbietet er dem Kind und das Kind selber, einen Zugang zu seinen eigenen Gefühlen zu finden.
Es kann sich schlichtweg nicht entwickeln.Daher ist es so wichtig, die Eltern zu trennen vom eigenen Leben, den eigenen Sichtweisen und Gefühlen.
Denn nur die eigenen Gefühle führen zu der Sehnsucht nach dem Papa, dem Wunsch seine Nähe spüren zu dürfen, dem Schmerz das es nicht sein durfte, die Einsamkeit, mit diesen Gefühlen allein zu sein und nicht darüber sprechen zu dürfen.
Wenn wir diese intensiven und echten Gefühle, weil es unsere eigenen sind, leugnen und verbieten, fühlen wir uns nicht mehr in Ordnung und können damit auch nicht mehr spüren, wer wir wirklich sind. Immer fehlt uns etwas, immer fühlen wir etwas in uns, das keine Berechtigung hat, da zu sein.
Das ist eine der Hauptgründe für die Probleme mit unseren Eltern, dass genau diese Gefühle keine Anerkennung finden und nicht da sein dürfen.
Anders formuliert: Wenn wir unseren Eltern begegnen, müssen wir unser inneres Kind verleugnen.
Das macht uns wütend, aber die Wut steht nur stellvertretend dafür. Sie schützt uns in Wirklichkeit davor, das zu fühlen, was wirklich darunterliegt.
Unter der Wut liegt eine unendliche Einsamkeit!
Genau die Einsamkeit, des kleinen Kindes in uns, die in der Gegenwart der Eltern getriggert wird und gegen die wir uns mit aller Macht wehren.
Es ist auch genau die Einsamkeit, die uns erfasst und übermannt, wenn uns ein Partner verlässt, an den wir gebunden sind. Diese Einsamkeit, die dann ans Licht kommt, schmerz so sehr, dass wir glauben, wir müssten sterben. Das passiert, weil wir genau in dem Moment wieder zu dem kleinen Kind werden, das wir einmal waren und zum Teil immer noch sind. Ein kleines Kind, das völlig alleingelassen wird und das fürchtet, sein Leben sei bedroht.
Das innere Kind in uns ist ca. 3-4 Jahre alt. Davor sind wir als Kind noch authentisch gegenüber unseren eigenen Gefühlen. Wir werfen uns auf den Boden, strampeln mit den Füßen, schreien und lassen niemanden an uns heran. Wir weinen wenn wir traurig sind, egal wo wir gerade sind. Genauso ist es mit Freude, die wir durch unseren ganzen Körper zeigen. Wir überlegen nicht, sondern wir zeigen unmittelbar, ohne unsere eigenen Gedanken und Gefühle zu kontrollieren.
Um zu wachsen müssen wir jedoch diese Phase, in der Erleben und zugehöriger Ausdruck eins sind, verlassen. Wir müssen lernen, unser Verhalten an die Erfordernisse unsere Umwelt anzupassen. Dafür sind unsere Eltern da und können es auf eine liebevolle oder lieblose Weise tun.
Liebevolle Eltern sind offen für die schwierigen Prozesse, die im Kind ablaufen. Sie bestätigen die Gefühle des Kindes. Sie lehnen heftige Gefühle des Kindes nicht ab, sondern versuchen, diese zu kanalisieren.
Beispiel:
Du bist wütend?
Dann lasse die Wut heraus, hier ist ein Kissen und was möchtest Du jetzt am liebsten mit dem Kissen tun?
Gut so, dem Kissen hast Du es richtig gegeben, aber was es eigentlich, was Dich so wütend gemacht hat?
Das geliebte Kind lernt, dass die eigenen Gefühle, die es erlebt, sein dürfen und gelebt werden können.
Es lernt, dass es so sein darf, wie es ist und dafür nicht verurteilt wird. Es lernt, dass Wut, Traurigkeit usw. gelebt und ausgedrückt werden dürfen. Dadurch bleibt es in Verbindung mit seinem Körper. DAS ist entscheidend, insb. in Bezug auf Angst, da Angsthasen gerne den Kontakt zu ihrem Körper verlieren und die Symptome falsch deuten!
Später wird dieses Kind seinen Körper nicht suchen müssen, weil es ihn schon hat. Es besitzt Selbst-wahr-nehmung und damit Selbst-ver-trauen und Selbst-bewusst-sein.
Es ist in der Lage, sich auf ganz natürliche Weise abgrenzen zu können, in dem es ausdrückt, wenn es wütend ist oder verletzt wird. Und es wird sich mit seinen Gefühlen anderen hingeben können.
Bedingt liebende Eltern sind mit sich selber beschäftigt. Sie haben Angst und stehen unter einem großen Leistungsdruck es nicht zu schaffen. Sie glaube, sie seien selber nicht gut genug. Sie fühlen sich ohnmächtig und hilflos, gestehen es sich selber aber nicht ein.
Sie sind stetig bestrebt, dass alles in Ordnung sei. Sie sind nicht offen für die Gefühle ihrer Kinder, weil sie die Verbindung zu ihrem eigenen Körper verloren haben. Stattdessen leben sie einem Idealbild hinterher, wie Eltern zu sein haben. Wichtiger als die Gefühle der Kinder sind die Dinge, die es braucht, damit scheinbar das Bild der Eltern entsteht, die alles richtig machen. Diese Eltern lehnen ihre Kinder, die intensive Gefühle zeigen, konsequent ab. Sie signalisieren ihm, dass etwas mit ihm nicht stimmt und das es nicht in Ordnung ist, so zu empfinden und das auch noch auszudrücken. Wenn das Kind wütend ist, drohen sie im Strafen ab, schimpfen es aus oder schlagen sogar zu.
Andere Eltern schreien niemals, weinen niemals und ihnen ist die Fassade wichtiger, als die eigenen Gefühle. Scheinbar sind sie mit dem was sie sagen beim Kind, aber wie sie es sagen und dazu Körper, Mimik und Stimme, drücken etwas völlig anderes aus.
Da ein Kind ganz und gar auf seine Eltern bezogen ist und sich selber nicht kritisch betrachten kann, glaube es, dass es selbst nicht in Ordnung ist, so wie es ist.
Deine Versöhnung würde ich also zu den bedingt liebenden Eltern zählen.