Hi Zappen!
Zitat:Ich schrieb am 18.07.:
Kannst Du Dir vorstellen, warum sie so überwältigt war? Das ist eine ganz wichtige Frage, wie ich finde. Du hast den Zugang zu ihr gefunden, indem Du ihr diesen Text gezeigt hast. Aber warum konntest DU damit ihre fest verschlossenen Türen aufstoßen?
Zitat:Deine Antwort:
Ich denke fuer Sie war es sehr schwierig sich selbst einzugestehen oder zu begreifebn, dass die Eifersucht Sie voellig im Griff hat. Ich denke Sie fand sich oder vielmehr Ihre Gefuehle in der Textpassage (Link) wieder, sie war sowas von ueberwaeltigt, es war wie eine Erleuchtung fuer Sie.
Ja, es ist sauschwer, sich das einzugestehen. Wer erkennt schon gerne an, dass sein eigenes Verhalten von Emotionen gesteuert wird, wenn man doch geglaubt hat, bei klarem Verstand zu sein.
Zitat:Fuer mich war es schwierig Ihr dieses mitzuteilen, weil man ja in gewisser Art und Weise als Klugscheisserda steht. So etwas in abgeschwaechter Form darzustellen und jemandem nahe zu bringen verlangt viel Feingefuehl.
Aber in diesem Fall warst Du ihr Retter, oder? Klingt kitschig, ich weiß. Aber trotzdem darfst Du Dir das auf die Fahne schreiben!
Vielleich hat Deine Freundin es so ähnlich erlebt:
Die Eifersucht bombardiert einen mit einem Cocktail aus Emotionen, die sich absolut echt anfühlen. Und sie liefert Dir Gedanken, die man dann als Rechtfertigung für die Gefühle heranzieht. Die Emotionen sind so schwer zu ertragen, dass man gar nicht lange diese Gedanken hinterfragt. Vielleicht weiß man, dass man eifersüchtig ist. Vielleicht ahnt man, dass das eigene Verhalten falsch ist. Aber man weiß nicht, woher das kommt. Die einzigen Erklärungen liefert einem die Eifersucht. Man fühlt sich absolut mies und hilflos. Also versucht man an dem Punkt etwas zu unternehmen, den man als Ursache für sein eigenes Leid von der Eifersucht geliefert bekommt – beim Partner. Und der, ob nun zu Recht oder Unrecht beschuldigt, unter Druck gesetzt oder eingeengt, leugnet alles, reagiert sauer, genervt und ungeduldig. Da fühlt man sich dann unverstanden und mit seinem Leid allein gelassen. Ein hervorragender Nährboden für die Eifersucht. Man versucht mit ‚Gewalt’ den Partner dazu zu bringen, Rücksicht zu nehmen. Vielleicht tut er das sogar eine Zeit lang. Aber irgendwann ist einfach Schluss und man verzweifelt, weil man keinen Ausweg sieht. Man will den Partner nicht verlieren. Aber sollen die negativen Gefühle aufhören, gibt es scheinbar keinen anderen Weg. Und doch kann man es nicht, weil die Verlustangst meist auch ein Teil der Eifersucht ist.
Vielleicht redet man irgendwann mit Freunden darüber. Diejenigen, die Dir zustimmen, bestätigen Dir damit, dass Du im Recht bist. Von den anderen fühlst Du Dich unverstanden. Vielleicht sprichst Du auch manchmal ganz offen aus, dass Du eifersüchtig bist und dies oder jenes getan hast, zum Beispiel Spionieren. Doch Du erntest meist nur Unverständnis oder gut gemeinte Ratschläge, wie: „Lass das sein. Die Eifersucht macht Eure Beziehung kaputt!“
Und dann kommt der Partner irgendwann mit einem Schriftstück daher, und bittet Dich ganz ruhig, es zu lesen. Du ließt und stellst fest, dass es für den ganzen Mist, den Du durchgemacht hast eine Erklärung gibt. Du merkst, wie Dir ein Schauer über den Rücken läuft oder Dir die Tränen in die Augen steigen, weil plötzlich so etwas wie Verständnis für Deine Nöte möglich ist. Sowohl Dein eigenes, aber vor allem auch das Verständnis anderer. Und Dir wird klar, dass Dein Partner das gelesen hat. Du schaust ihn an. In seinem Gesicht ist keine Wut, keine Enttäuschung und vor allem keine Forderung zu erkennen. Vielleicht Erstaunen über Deine Reaktion, vielleicht Trauer oder sogar Mitgefühl. Vielleicht kannst Du sogar Erleichterung sehen, die entweder der Tatsache geschuldet ist, dass Du selbst nicht aus der Haut gefahren bist. Vielleicht rührt sie aber einfach daher, dass auch Dein Partner verstanden hat, dass es hier nicht mehr um kleine oder große Streitereien geht, um Besitzanspruch oder Kontrolle, sondern dass auch er erkannt hat, dass Dein Problem ein echtes, kein eingebildetes Problem ist. In diesem Moment kannst Du auf echtes Verständnis und ehrlich gemeinte Hilfe und ehrlich gemeintes Entgegenkommen hoffen. Und Dir wird klar, dass es ganz plötzlich wieder eine Ebene, eine Verbindung zu Deinem Partner gibt, die es Dir und ihm ermöglicht, anders miteinander umzugehen - Verständnis!
So, oder so ähnlich stelle ich mir vor, ist es Deiner Liebsten ergangen. In Teilen habe ich das selber so erlebt.
Du bist an sie heran gekommen, weil Du nichts von ihr gefordert hast. Du hast Dir lediglich gewünscht, dass sie einen Text liest. Du hast ihr damit Dein Verständnis gezeigt, Deine Bereitschaft ihr zu helfen, für sie da zu sein. Etwas, dass sie sicher schon sehr vermisst hatte. Du hast ihr gezeigt, dass es für Euch einen Weg aus der Krise geben kann. Deshalb war sie überwältigt, darauf würde ich wetten.
Tja, und was könnt ihr nun tun?! Erst einmal braucht ihr Geduld. Es hat tatsächlich keinen Sinn die Dinge zu überstürzen. Ihr könnt Euch in gegenseitiger Rücksichtnahme üben. Aber erwartet nicht zu viel vom Anderen und auch nicht von Euch selbst. Für Deine Freundin bedeuten die neuen Erkenntnisse unter Umständen erst einmal noch mehr Angst. Denn wenn sich die Eifersucht bedroht fühlt, ist es genau diese Emotion, mit der sie sich zu wehren versucht. Sie braucht sicher auch Zeit, um die Tragweite zur Gänze zu erkennen. Und auch Du wirst das neue Wissen erst einmal verarbeiten müssen. Eure Situation hat sich von Grund auf geändert, oder?
Ich denke, es kann nicht schaden, wenn ihr bis zur nächsten Therapiestunde einfach mal darüber sprecht, wie es Euch jetzt geht – immer mal wieder. Ganz vorsichtig könntet ihr versuchen, die jüngere Vergangenheit aufzuarbeiten. Vielleicht hilft es ihr, die Dinge in Gedanken neu zu ordnen. Vielleicht kannst Du dann für Dich auch besser erkennen, was mit Dir in Eurer Krise geschehen ist und versuchen, es ihr zu erklären. Vereinbart vielleicht ein Stoppwort, dass ihr benutzen könnt, wenn es einem von Euch zu viel wird. Dann solltet ihr in jedem Falle die Unterhaltung beenden.
Ich bin kein Therapeut, und hab vielleicht schon viel zu viele Ratschläge erteilt. Versucht die nächsten drei Wochen möglichst mit positiven gemeinsamen Erlebnissen aufzulockern. Wie schon gesagt, ihr braucht Geduld und gegenseitiges Verständnis. Ihr müsst Beide erst wieder lernen, dass der jeweils Andere nicht der ‚Feind’ ist, dass ihr ihm vertrauen könnt.
Ich wünsche Euch dafür alles Gute. Wenn was ist, ich bin hier!
Lieber Gruß
Sven